Während andere zeitgerecht agieren, schlendere ich manchmal dem Weltgeschehen hinterher. Den Nikolo habe ich heuer total verschlafen. Österreich hat Mandelas Begräbnis übrigens auch verschlafen. Macht nix. Es wäre eh niemandem aufgefallen. Manchmal fokussiert man eben auf anderes. Wichtiges. Animositäten und Liebesdramen auf dem Verhandlungstisch und auf der Hundewiese zum Beispiel. Das unterscheidet sich kaum. Immer geht es um den dicksten Knochen. Und wenn wir schon beim Hund sind, ist der Wolf nicht fern. Der zugehörige Spruch kann nach den jüngsten Wortscharaden betroffener Politiker neu interpretiert werden. Wer bis jetzt dachte, die unseligen Hump-Dump-Agitationen wären nur auf FPÖ und vergangene Regierungsperioden beschränkt, der sei eines Besseren belehrt. Die ÖVP kann das nämlich auch. Von wegen Mensch dem Menschen! Der Hump ist dem Dumpen ein Fritz.

Und jetzt noch einmal, mit viel Gföhl! grölt man, während der Gföhler Bürgermeister unerwartet zügig, wenn auch gekränkt seinen Rücktritt anbietet, weil die Juden dem Duden frische Pressefritzen geangelt haben. Unaufgeknüpft. Jener Fisch fängt beim Kopf zum Stinken an. Da verwundern die "Scheißasylanten am Oasch" als Wertesicherung auch nicht wirklich. Neu an der Sache ist das Datum. Und die leichte Verschiebung der Parteilandschaft. Wohin sich diese Parteilandschaft verschiebt, ist allerdings noch nicht klar, der Weg ist dornig und voller Fallen. Die Privatisierung ein Allheilmittel. Wissen wir spätestens seit der schwarz-blauen Periode. Die angehenden Großkleinkoalitionäre scharren schon in den ersten Staatslöchern, vielleicht weil sie vom Nikolo übergangen worden sind und diverse Stiefel offensichtlich leer blieben.

Überhaupt: Krampus und Nikolo, diese beiden Agenten des gepflegten Sadomasochistischen, haben schon vielen als Wiedergänger des Zuckerbrot-und-Peitsche-Syndroms den Dezember versaut. Das Kind einer Freundin hält es da pragmatisch: Den beiden ist einfach nicht zu trauen. Dem rasselnden Bösewicht nicht, dem angeblich lieben Onkel genauso wenig. Man könnte meinen, das Kind wüsste über die Verteilung solcher trügerischen Wahlzuckerln besser Bescheid als so mancher Erwachsene. Unter Tränen wurde also darum gekämpft, nicht nur den Krampus, sondern auch den Nikolo heuer ausfallen zu lassen. "Warum den Nikolo?", fragte die Mutter irritiert. "Komm, stellen wir den Stiefel raus! Du wirst ihn gar nicht sehen. Der legt nur was rein für dich!" "Nein! Nein! Bitte, bitte nicht!", heulte das Kind. "Aber warum denn, warum?", verzweifelte auch die Mutter, die den Schokohaushalt bereits aufgestockt hatte. Das Kind sah sie verschwörerisch an. "Der stiehlt doch die Stiefel", sagte es. (Julya Rabinowich, Album, DER STANDARD, 14./15.12.2013)