Anfang Dezember tagte in Salzburg der Bundeskongress der Grünen. Es galt, die Kandidaten für die EU-Wahlen zu bestimmen. Ein willkommener Anlass für so gut wie alle Redner, die Flüchtlingspolitik der EU, und hier vor allem das Grenzregime im Mittelmeer, heftig zu kritisieren: "Schande Lampedusa!" Die Empörung über die ertrunkenen Flüchtlinge war nicht gespielt.

Parteitage sind freilich selten ein Ort für kritische Betrachtungen der eigenen Politik. Auch nicht bei den Grünen. Dabei hätte es gerade in Salzburg gut gepasst. Hier sind die Grünen in der Landesregierung, hier sind sie für die Flüchtlingspolitik zuständig. Und da sieht die Bilanz nach einem halben Jahr nicht besonders gut aus. Auch, wenn das Engagement der grünen Landesrätin Martina Berthold ebenso wenig gespielt ist wie die Empörung am Bundeskongress über die Toten vor Lampedusa: Die Flüchtlingsbetreuungsquote wird von Salzburg weit verfehlt. Die Landesrätin schafft es nicht, neue Unterkünfte aufzutreiben. Es fehlen die Angebote. Und wo es sie gibt, machen Bürgermeister und Bevölkerung einen Aufstand.

Vielleicht sollten die EU-Kandidaten Ulrike Lunacek und Michel Reimon einfach auf zwei, drei Wahlkampftermine verzichten und der Salzburger Landesrätin bei ihren Diskussionen mit besorgten Anrainern potenzieller Flüchtlingsquartiere zur Seite stehen. Dann würden die zwei Welten grüner Flüchtlingspolitik wieder zusammengehen. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 17.12.2013)