Wien/Bogota/Brasilia - Im Trubel der Weihnachtstage ist eine kleine zoologische Sensation beinahe untergegangen: Forscher aus Brasilien, Französisch-Guayana und Österreich haben eine bislang unbekannte Tapir-Art identifiziert, die im Amazonas-Gebiet in Brasilien und Kolumbien lebt (Fotos finden Sie hier). Den Forschern zufolge handelt sich um den ersten neu entdeckten Unpaarhufer seit mehr als 100 Jahren.

Die heute dominante Huftiergruppe sind die Paarhufer, zu denen unter anderem die vielen Arten der Hornträger, Hirsche, Schweine und genau genommen auch die Wale zählen. Von den Unpaarhufern, die einst eine vergleichbare Artenvielfalt aufwiesen, sind nur drei Gruppen geblieben, die jeweils nur wenige Arten umfassen: Pferde, Nashörner und Tapire.

Nummer 5 lebt

Vier Tapir-Arten waren bislang bekannt: Der Schabrackentapir mit seiner charakteristischen schwarz-weißen Fellzeichnung in Südostasien sowie drei einfärbig graubraune Arten in Mittel- und Südamerika. In Wirklichkeit handelt es sich dabei aber um vier, wie die Forscher berichten. Die Tiere, die in eine Fotofalle tappten und nun als neue Art identifiziert wurden, waren bislang nicht unbekannt. Man dachte jedoch, dass es sich um Exemplare des im Osten Südamerikas weitverbreiteten Flachlandtapirs (Tapirus terrestris) handele.

Nun haben die Forscher, zu denen auch Rodrigo A.F. Redondo vom Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) gehört, anhand von Skelett- und Gewebeteilen sowie DNA-Untersuchungen eindeutig nachgewiesen, dass es sich um eine eigene Art handelt. Die neue Spezies erhielt die Bezeichnung Tapirus kabomani. Das von Blättern und Früchten lebende Tier ist mit bis zu 1,3 Metern Länge und 110 Kilo Gewicht die kleinste Tapir-Art, zudem ist es dunkler und kurzbeiniger als seine Verwandten.

Lange Zeit verkannt

Bemerkenswert sei, dass das erste Individuum der neuen Art bereits vor mehr als 100 Jahren entdeckt wurde, aber so lange unterkannt blieb, berichten die Wissenschafter. Bereits 1912 hatte der frühere US-Präsident Theodore Roosevelt bei einer Expedition in Brasilien Schädel und Haut eines Tapirs gefunden und bemerkt, dass es "sehr viel kleiner war als das Tier, das ich getötet hatte. Die Jäger sagten, dass dies eine andere Art sei". Roosevelt schickte die Probe zur Analyse in die USA, wo diese aber nur als eine Variation einer bereits bekannten Tapir-Art abgetan wurde.

"Dies unterstreicht die unerkannte Biodiversität im Amazonas-Gebiet, die allerdings zunehmend bedroht ist", schreiben die Forscher in ihrer Arbeit, die im Fachmagazin "Journal of Mammalogy" veröffentlicht wurde. Wie für die anderen Tapir-Arten stellt auch für Tapirus kabomani die Zerstörung seines natürlichen Lebensraums durch Rodungen und Ausbreitung von Kulturflächen die größte Bedrohung dar. (red/APA, derStandard.at, 29. 12. 2013)