Berlin/Budapest - Der ungarische
Literaturnobelpreisträger Imre Kertesz hat einen neuen Roman beendet.
Das Werk mit dem ungarischen Titel "Felszamolas" ("Aufrechnung")
handle von den Spätfolgen des Holocaust in Ungarn und dessen
Auswirkungen auf die zweite Generation danach, sagte der Autor der
ungarischen Nachrichtenagentur MTI in Berlin. "Die Handlung spielt
einerseits in den 90er Jahren, andererseits reicht sie zurück in die
70er und 80er Jahre, in die (spätkommunistische) Kadar-Ära." Kertesz
will den 170 Seiten starken Band am 10. September in Budapest und am
21. September im Berliner Ensemble präsentieren.
Der 73-Jährige beendete den Roman als Stipendiat des Berliner
Wissenschaftskollegs. Den Literaturnobelpreis hatte er 2002 erhalten,
"für ein schriftstellerisches Werk, das die zerbrechliche Erfahrung
des Einzelnen gegenüber der barabarischen Willkür der Geschichte
behauptet", wie es in der Begründung der Jury hieß. Bei der
Bekanntgabe der Preisverleihung arbeitete Kertész bereits an dem
neuen Roman. "Der genaue Bauplan war schon da, aber nach all dem
Rummel (um den Nobelpreis) musste ich meine Ruhe zurückgewinnen",
sagte Kertesz MTI.
Figuren tauchen wieder auf
Das neue Buch knüpfe "lose" an seinen Roman "Kaddisch für ein
nicht geborenes Kind" an. "Figuren tauchen wieder auf, leben weiter
ihr Leben, doch der neue Roman steht für sich selbst, die
Vorgeschichte braucht man nicht zu kennen." Das Buch reiht sich damit
in sein Lebenswerk ein, das sich um die Erfahrung des Holocaust und
dessen unzulängliche Aufarbeitung in seiner Heimat Ungarn dreht.
Kertesz hatte als jüdischer Jugendlicher die Konzentrationslager
Auschwitz-Birkenau und Buchenwald überlebt. Der Leidensweg eines
15-Jährigen durch die deutschen Todeslager ist Thema seines
Hauptwerks, des "Romans eines Schicksallosen", der 1996 in einer
autorisierten deutschen Übersetzung erschien und mit dem ihm der
internationale Durchbruch gelang. Das Werk soll nun in der Regie von
Lajos Koltai, dem langjährigen Kameramann des ungarischen
Filmregisseurs Istvan Szabo ("Mephisto"), verfilmt werden. Der
ungarische Staat unterstützt die Produktion mit 920 Millionen Forint
(3,7 Millionen Euro), was knapp die Hälfte der veranschlagten Kosten
ausmacht. Die Dreharbeiten sollen im kommenden Spätherbst beginnen. (APA/dpa)