Traiskirchen/Wien - Die Kritik an der Flüchtlingsbetreuungsfirma European Homecare reißt nicht ab. Dienstag wurde bekannt, dass vergangenen Samstag, als im Lager Traiskirchen bei einer Massenrauferei ein junger Tschetschene ums Leben kam, nur ein Betreuer und zwei Wachleute anwesend waren - bei einer Belegung mit 800 Asylwerbern.

Innenminister Ernst Strasser (VP) sagte, dass die Zahl der anwesenden Personen "ohne Belang" sei. Es gebe auch einen eigenen Gendarmerieposten auf dem Gelände. Strasser wies aber darauf hin, dass die deutsche Privatfirma, die seit 1. Juli die Betreuung innehat, gemäß einer präzise formulierten Leistungserfassung beurteilt werde. Die Prüfung stehe für den fraglichen Zeitraum noch aus. European Homecare kündigte an, das Personal aufzustocken.

Wie berichtet, will das Unternehmen mit Hauptsitz in Essen Kritiker wegen Kreditschädigung klagen. Zahlreiche Organisationen, darunter Caritas, Diakonie und Volkshilfe, hatten European Homecare als "überfordert" bezeichnet. Die Anwältin des Unternehmens, Gabriele Herberstein, ließ sich daraufhin Dienstag zu einer unjuristischen Reaktion hinreißen: Ob diese "Gutmenschen" denn glaubten, dass es unter deren Aufsicht anders gelaufen wäre, fragte die Advokatin.

Die Leidtragenden des Streits sind freilich die Flüchtlinge. Besani zum Beispiel versteht die Welt nicht mehr. Der 20-jährige Tschetschene flog nach der Massenschlägerei aus dem Flüchtlingslager. Mit ihm acht weitere Männer. Dabei habe er sich zum Zeitpunkt der wilden Rauferei gerade auf dem Heimweg aus Wien befunden, sagt Besami. "Als ich in Traiskirchen ankam, haben sie mir sofort alle Dokumente und die Lagerkarte abgenommen." In einer Außenstelle der Diakonie werden die neun Asylwerber nun psychologisch betreut.

Vierter Verdächtiger

Im Zuge der Ermittlungen zu dem tödlichen Zwischenfall wurde aufgrund von Zeugenaussagen ein weiterer Tatverdächtiger ausgeforscht. Damit befinden sich derzeit vier Moldawier in U-Haft. In einem Brief an die Ministerien, den UNHCR und an die Internationale Helsinki-Föderation für Menschenrechte bitten in Österreich lebende Tschetschenen um Hilfe, damit der Leichnam des Opfers in seine Heimat überführt werden kann.

Die 21 Flüchtlinge, die vergangene Woche eine Unterkunft in Arnfels in der Steiermark verlassen hatten, weil es dort kein Wasser gab, werden vorübergehend von der Stadt Wien versorgt. Das Innenministerium appellierte an die Asylwerber, in die Pension zurückzukehren. Der Rohrbruch, der mehrere Ortsteile trocken gelegt habe, sei bereits behoben. (APA, hs, simo/DER STANDARD, Printausgabe, 13.08.2003)