In Salzburg wurde ein Wohnprojekt, um "gemeinsam ins Alter zu schreiten", vorgestellt.
Foto: Stadt Salzburg
Salzburg/Wien - Neue Wohnformen für die dritte Lebensphase sind gefragt, zum Beispiel Wohngemeinschaften (WG) für ältere, weibliche Singles als eine attraktive Alternative zur Einsamkeit in der eigenen Wohnung und zum Altenheim. In Salzburg wurde ein dementsprechendes, modellhaftes Wohnprojekt für Frauen von der Arge ”Gemeinsam Wohnen” und dem Frauenbüro der Stadt Salzburg vorgestellt.

Vorhanden ist eine Sieben-Zimmer-Wohnung in der Forellenweg-Siedlung in Salzburg-Liefering. Gesucht werden fünf Frauen, die ihren dritten Lebensabschnitt zwar unabhängig und selbstbestimmt, aber trotzdem nicht alleine verbringen wollen. Ein Basis-Dienstleistungspaket ist in der Miete inkludiert, darüber hinausgehende Betreuung und Pflege stehen bei Bedarf bereit. Das Projekt versteht sich als Pilotprojekt: Die gewonnenen Erfahrungen werden in einem Leitfaden veröffentlicht, weitere Projekte sollen folgen.

Hintergrund

Die Mehrheit der alten Menschen lebt alleine, und davon ist der weitaus überwiegende Teil weiblich: In der Stadt Salzburg sind es 10.500 alleinlebende Personen mit über 60 Jahren, 83 Prozent (8760) davon sind Frauen. In der Altersgruppe über 70 Jahren sind von 6690 Personen sogar 5680 (85 Prozent) weiblich (Quelle: Volkszählung 1991).

In den Seniorenheimen in der Stadt Salzburg (städtische und private) beträgt der Frauenanteil über 80 Prozent (Ende 2002 lebten insgesamt 1.181 Menschen in Seniorenheimen, davon 961 Frauen). Derzeit interessieren sich rund 300 Personen für einen städtischen Seniorenheimplatz, davon sind 267 Frauen. Bei einem Teil dieser Personen besteht noch kein oder nur geringer Pflegebedarf. Die Aufnahme in ein Seniorenheim wird in der Regel erst bei vorhandenem Betreuungs- bzw. Pflegebedarf gewährt.

Neue Wohnformen

Echte Alternativen zum Alleinsein auf der einen Seite und zum Einzug in ein Seniorenheim auf der anderen Seite gibt es hierzulande wenig. Unkonventionelle neue Wohnformen sind daher auch – oder gerade – im Alter ein Thema. Alten-Wohngemeinschaften in Form so genannter ”Wahlfamilien” sind solche Alternativen. Vorbilder und Beispiele für das Zusammenleben im Alter in selbst gewählter Nachbarschaft gibt es insbesondere in den Niederlanden, Frankreich und Dänemark, wo es auch staatlich geförderte Beratungsstellen für Wohnprojekte dieser Art gibt.

”Die Stärke der kleinen Modellprojekte und alternativen Wohnformen liegt darin, dass Menschen bis ins hohe Alter und bei unterschiedlichem Betreuungsbedarf vorbehaltlos angenommen werden. Das ist insbesondere für Frauen von Bedeutung, denn das hohe Alter ist weiblich”, erläuterte Raimund Gutmann, Sozialwissenschafter von wohnbund:consult Salzburg. „Die Wohngemeinschaft ist kein Heim, sondern eine weitgehend selbstorganisierte Wohnform, bei der die Frauen einen Mieterinnen-Status behalten“, erklärte Dagmar Stranzinger, Frauenbeauftragte der Stadt Salzburg.

Wohnprojekt - Details

Die Sieben-Zimmer-Wohnung des geplanten Projekts ”Frauen_Wohngemeinschaft Forellenweg” ist ebenerdig gelegen und barrierefrei ausgestattet und hat ausreichend Platz für fünf Bewohnerinnen. Die ruhige Wohngegend bietet sowohl eine gute Infrastruktur als auch die Anbindung ans Zentrum. Die künftigen Bewohnerinnen finden ein bereits bestehendes, vielfältiges Freizeitangebot für SeniorInnen vor (z.B. Seniorencafe, Ausflüge, Spielenachmittage, Info-Veranstaltungen).

Projektträgerin ist die Arge ”Gemeinsam Wohnen”. ”Unsere Zielgruppe sind ältere Frauen, die nicht alleine, aber selbstbestimmt alt werden möchten und eine professionelle Begleitung und bei Bedarf auch Betreuung als integralen Bestandteil des Angebots schätzen”, erklärt Pia Brandstätter, Sprecherin der Arge.

Geboten wird ein Basis-Dienstleistungspaket, das die Grundreinigung der Gemeinschaftsflächen und die soziale Begleitung durch eine eigene professionelle Bezugsperson beinhaltet. Wie weitere Serviceangebote aussehen und die WG im Detail gestaltet wird, erarbeiten die künftigen Bewohnerinnen im Rahmen eines begleiteten Prozesses. ”Dieses Dienstleistungspaket und die Präsenz und Professionalität der Betreuungseinrichtungen gewährleistet, dass auch im hohen Alter und bei Pflegebedürftigkeit ein Verbleib im gewohnten Lebensumfeld möglich ist”, so Brandstätter weiter.

Kosten

Der Mobile Hilfsdienst Salzburg stellt als Hauptmieter die Wohnung zur Verfügung. Die monatlichen Kosten betragen je nach Zimmergröße zwischen 280 und 370 Euro und enthalten neben Miete und Betriebskosten auch die Kosten für das Dienstleistungspaket. Die Wohnung hat insgesamt 163 m², einen eigenen Eingang, einen großen, hellen Gemeinschaftsraum, eine Küche, fünf Wohn-Schlafzimmer zwischen 12 und 20 m², zwei Bäder mit WC, ein WC extra, zwei Kellerabteile und einen abgegrenzten Vorgarten. Ein zusätzlicher Raum mit 11 m² kann von den Bewohnerinnen frei genutzt werden.

Um die passenden Bewohnerinnen in die WG zusammenzubringen, wird es im Vorfeld einen begleiteten Prozess geben. Er soll den Frauen ermöglichen, ihre Vorstellungen und Erwartungen an das Zusammenleben bereits vor ihrem Einzug zu thematisieren und abzustimmen. ”Die künftigen Bewohnerinnen sollten nicht nur ähnliche Zukunftsbilder vom Wohnen im Alter haben. Ihre Vorstellungen vom gemeinsamen, arbeitsteiligen Zusammenleben sollten auch auf einer ganz pragmatischen Ebene übereinstimmen”, erklärte Organisationsberaterin Isabella Klien. (red)