Die Einstellung von Peter Schröcksnadel ("Ich würde keinem Sportler raten, sich politisch zu äußern") ist Ausdruck einer Gesinnung, die zur reaktionären Grundhaltung des IOC passt, das (sich) ausdrücklich Proteste während der Olympischen Spiele verbietet und zuwiderhandelnden Sportlern und Funktionären mit gravierenden Sanktionen droht.

Den Älteren unter uns ist noch der Protest der US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos bei der Siegerehrung in Mexiko 1968 in starker Erinnerung, als diese die Faust erhoben, um bürgerrechtliche Missstände anzuprangern. Sie wurden in der Folge ebenso geächtet wie der australische Silbermedaillengewinner Peter Norman, der sich mit diesem "Human rights"-Protest solidarisierte und trotz 13-facher Erbringung des IOC-Limits bei den Olympischen Spielen 1972 nicht starten durfte.

Erst viel später wurde den Athleten Anerkennung zuteil, 2008 bekamen sie den "Arthur Ashe Courage Award". 2011 nannte sie ein Mitglied des Kanadischen Olympischen Komitees "the living embodiments of Olympic idealism (...) inspirations to generations of athletes like myself, who can only aspire to their example of putting principle before personal interest".

Nicht sein Thema?

Auch die weitere Argumentation Schröcksnadels ruft nach einer weiterführenden Diskussion. Er meint, bezogen auf Sportler: Politik "ist nicht sein Thema (...) Er würde nur über eine Welt reden, die nicht seine Welt ist." Natürlich kann man nicht "verlangen", dass sich ein Sportler politisch äußert. Aber: Warum sollte soziales Engagement, Kritik an Rechtsextremismus oder einer inhumanen Abschiebung von Flüchtlingen nicht (auch) seine Welt sein? Sportler sind für viele Menschen Vorbilder, und wenn sie den Mut haben, sich zu diesen Themen zu Wort zu melden, und sei es nur mit einer symbolischen Botschaft, dann sind sie auch Vorbilder in politischer Hinsicht, vor allem für junge Menschen.

Für Überzeugungen

Es ist schön, wenn es Sportlern gelingt, sich einen Namen auch als Model, Modedesigner oder Moderator zu machen. Noch schöner ist es, wenn sie ohne Rücksicht auf eigenen Vorteil auch ihren Überzeugungen Ausdruck verleihen. Zwei schwedische Leichtathletinnen haben dies trotz negativer Kritik an ihrer Haltung bei der WM in Moskau getan, als sie gegen das russische Anti-Homosexuellen-Gesetz protestierten.

Auch in Österreich gibt es solche Beispiele sportlicher Zivilcourage: Felix Gottwald, Petra Kronberger, Rainer Schönfelder, Wastl Wörgötter und David Zwilling haben unseren Aufruf für eine menschliche Flüchtlingspolitik im Personenkomitee unterstützt und damit gezeigt, dass politische Initiativen eben nicht nur von "Künstlern, deren Aufgabe es (laut Peter Schröcksnadel) sogar ist", sondern aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens - also auch von Sportlern - unterstützt werden. (Ernst Löschner, DER STANDARD, 8.1.2014)