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Die Kirche müsse sich mehr um Geschiedene kümmern, sagt Erzbischof Lackner.

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Der neue Erzbischof Franz Lackner will es auch von unterwegs mit den neuen Medien versuchen. Auf Facebook wird er jeden Tag hineinschauen.

Der 57-jährige Erzbischof will es auch von unterwegs mit den neuen Medien versuchen. Auf Facebook wird er jeden Tag hineinschauen, kündigt er im Interview an.

Foto: Hannes Huber

STANDARD: Sind Sie in Salzburg schon angekommen?

Lackner: Ja, schon. Obwohl ich noch sage "wir in Graz". Da merke ich, ich bin doch noch nicht ganz da. Es ist turbulent und sehr emotional, aber ja, ich bin da.

STANDARD: Haben Sie schon eine Laufstrecke?

Lackner: Gehend habe ich geschaut, wie das bei der Salzach ist. Super. Aber ich bin noch nicht dazu gekommen. Ich habe gemerkt, dass ich beim Marathon im Mai nicht mitlaufen kann. Da ist ein Hochamt im Dom, da kann ich unmöglich Marathon laufen. Sonst müsste ein anderer das Hochamt halten. Da werde ich gesteinigt. (lacht)

STANDARD: Aber das Volk ist doch beim Marathon.

Lackner: (lacht) Nicht nur, beim Hochamt sind auch Menschen.

STANDARD: Wo haben Sie Ihr Rad untergebracht?

Lackner: Ich habe ein Ultraleicht-Rennrad, das ist gar nicht so leicht zu fahren. Aber sobald die Witterung es zulässt, werde ich losfahren. Ich muss nur schauen, wie ich da am besten ungesehen herauskomm. Ich werde hier sehr oft angesprochen, das war in Graz nicht so.

STANDARD: Früher waren Sie Weihbischof, jetzt sind Sie Erzbischof einer Diözese. Wie verändert sich das in der Arbeit?

Lackner: Es ist mehr Würde, aber auch mehr Bürde. Letztverantwortlich ist der Bischof. Er hat die Diözese zu leiten und zu führen. Das ist schon ein Sprung von der Verantwortung.

STANDARD: Sie haben sich nach der Wahl zwei Tage Bedenkzeit genommen. Hat das auch damit zu tun, dass die Nachfolge von Bischof Kapellari ansteht. Wären Sie vielleicht gerne in Graz geblieben?

Lackner: Es ist keine Entscheidung der Wahl, dass ich sage: Ich wähle zwischen Graz und Salzburg. Es war nicht ausgemacht, dass ich in Graz Bischof werde. Es stimmt, Bischof Egon Kapellari wollte, dass ich die Nachfolge in Graz antrete. Ich habe auch immer gesagt, für mich ist das eine Gehorsamsfrage. Es ist nicht wichtig, was ich will. Im Glauben - gerade in so einer Position – muss man bereit sein, zu gehen, wenn man gerufen wird.

STANDARD: War Salzburg auch eine Gehorsamsfrage?

Lackner: Salzburg ist, wie jede große Entscheidung in meinem Leben, eine Gehorsamsfrage. In erster Linie zählt nicht was ich will, sondern was Gott will. Wenn ich gerufen werde, dann gehe ich. Das habe ich auch geübt. Ich bin damals bei der Ernennung zum Weihbischof schon sehr überrascht worden. Da habe ich mir vorgenommen: Das zweite Mal lieber Gott wirst du mich nicht am linken Fuß erwischen. Aber er hat es wieder geschafft.

STANDARD: Sie übernehmen eine Diözese, die die höchste Steigerungsrate bei den Austritten hat. Wie wollen Sie dem begegnen?

Lackner: Ich bin drei Tage im Amt und habe noch keine Ursachenlehre. Das wird meine erste Aufgabe sein, dass wir eine Experten-Gruppe einrichten und uns über die Gründe informieren. Glaube ist aber auch Option. Wenn die Menschen Nein sagen, dann ist das auch zu akzeptieren. Meine Vermutung ist, dass man sich von der Kirche mehr erwartet. Und dass diese Erwartungen nicht erfüllt werden.

STANDARD: Ist die Kirche zu altmodisch? Muss sie moderner werden?

Lackner: Ja, sie ist sicher zu altmodisch, aber sie ist auch sehr modern. Was der Kirche heute nicht gelingt, ist die Unique Selling Proposition. Was wir anzubieten haben, wird nicht an den Mann oder an die Frau gebracht.

STANDARD: Und Ansichten zu Themen wie Homosexualität oder die Stellung der Frau in der Kirche. Müsste man da offener werden und im 21. Jahrhundert ankommen?

Lackner: Das sind wir schon. Papst Franziskus hat schon sehr viel gesagt zu diesen Themen. Ich habe Freunde, die homosexuell sind. Wir diskriminieren niemanden. Das dürfen wir nicht. Wenn das passiert ist, dann muss man sich entschuldigen und das ändern. Aber man muss es einer Glaubensgemeinschaft zugestehen, dass man sagt: Der Idealtypus von gelebter Sexualität ist nicht die Homosexualität. Der Idealtypus ist auch nicht das zölibatäre Leben. Das hat Papst Franziskus gut gesagt: "Wer bin ich, dass ich das verurteile." Ich verurteile das nicht.

STANDARD: Die Stellung der Frau ist nach wie vor ein Thema oder die Rolle der Geschiedenen. Soll da die Kirche nicht moderner werden?

Lackner: Wir sind die einzige Diözese, die eine Kanzlerin hat. Das ist das dritte Amt in der Diözese. Ich werde mich sicher dafür einsetzen, dass Frauen in Spitzenpositionen der Kirche sind. Auch im Vatikan gibt es Frauen. Natürlich es spitzt sich zu, auf die Frage Priesterwahl. Man spricht in der Theologie von Heilskontingenz, von der Geschichtlichkeit des Glaubens. Das heißt, es könnte anders sein. Ist es aber nicht. So denkt die Kirche. Das heißt, es kann nicht jeder alles machen. Es hat auch Vorteile für die, die nicht auserwählt worden sind.

STANDARD: Welchen Vorteil haben Frauen, wenn sie das Priesteramt nicht übernehmen?

Lackner: Ich als Priester soll nicht das verkündigen, was ich glaube, sondern die kirchliche Lehre. Ich darf das eigene nie so ausspielen wie ein Laie. Oder etwa wie Krankenseelsorgerinnen, die nahe an die Menschen herankommen. Der sakramentale Dienst ist ein distanzierter Dienst. Die Frauen sind nahe am Leben. Die geistliche Begleitung, das ist etwas was Laien an sich besser können.

STANDARD: Einer der wesentlichen Punkte des Kirchenaustritts ist der Umgang mit den Geschiedenen. Was wird die österreichische Kirche beim Besuch in Rom Ende Jänner dem Papst vorschlagen?

Lackner: Ich bin der Anwalt der Menschen der Diözese in Rom und nicht der, der dem Papst sagt, was er zu tun hat. Aber ich werde die Not und das Leid der Menschen als Anwalt in Rom gut vertreten. Ich habe in der Steiermark 250 Pfarren besucht und das war in fast jeder ein Thema. Wenn ich gefragt habe, was machen sie vor Ort für diese Leute, habe ich nie eine Antwort bekommen. Man müsste schon einmal die Hausarbeit vor Ort machen.

Wenn ich Papst wäre, würde ich fragen: Was haben sie für Programme für diese Leute? Wir versagen da nicht nur in Rom, sondern vor Ort in der Begleitung. Wir müssen einmal sprachfähig werden für diese Menschen. Dass sie das Vertrauen haben und kommen um zu reden. Solche Impulse werde ich setzten. Wir müssen da etwas lernen in Anbetracht, dass es so viele Menschen betrifft  und ich kenne es aus meinem eigenen Bekanntenkreis und meiner Familie. Wir bräuchten dringend so etwas wie eine Theologie des Scheiterns. Meine Botschaft ist, wir müssen auf allen Ebenen unsere Hausaufgaben machen. Pastoral vor Ort, auf Bischofseben, Theologie, Rom. Mir ist es noch nie gelungen, zu geschiedenen Menschen zu gehen und ihnen zu erklären, dass sie zur Kirche dazugehören. Das glauben sie mir einfach nicht. Aber ich werde mich bemühen diesen Menschen so weit wie möglich entgegenzugehen.

STANDARD: Sie gehen auf Facebook. Werden Sie die Seite selber betreuen?

Lackner: Tippen und den Webmaster machen kann ich nicht. Aber was da gesagt wird, das sage ich. Ich bin offen für Neues und möchte auf die Menschen zugehen. Ich werde da jeden Tag hineinschauen.

STANDARD: Wird es einen Selfie vom Erzbischof geben?

Lackner: Ich bin ja nicht so fotogen. Aber ich habe von Rom tolle Fotos. (Thomas Neuhold, Stefanie Ruep, DER STANDARD, 15.1.2014)