Die Erhaltungspflichten im Mietrechtsgesetz (MRG) sind ein Dauerbrenner, wenn es um unbefriedigende gesetzliche Regelungen geht. Insbesondere beim Thema Thermenreparatur herrscht ein "Wirrwarr". Wer sie zahlen muss - Mieter oder Vermieter -, ist unklar; außer Streit steht, dass dem Mieter im Fall einer unbrauchbaren Therme eine Minderung des Mietzinses zusteht.

"Wirrwarr" wird zum "Chaos"

Ein neues Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) habe dieses "Wirrwarr" nun aber zum "Chaos" verschärft, urteilt die Arbeiterkammer in einer Aussendung: Die Mieter eines Reihenhauses ließen auf eigene Kosten um knapp 2.900 Euro einen Warmwasserboiler erneuern. Nach OGH-Rechtsprechung besteht im Vollanwendungsbereich des MRG bei defekten Boilern keine Erhaltungspflicht des Vermieters, und den Mietern stehe nach Erneuerung der Therme auch kein Mietzinsminderungsanspruch mehr zu. "Eine Mietzinsänderung über die Dauer der Unbrauchbarkeit hinaus ist mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbar", heißt es im Urteil. Der Vermieter darf also wieder mehr Geld verlangen, obwohl er selbst nichts zur Behebung des Mangels beigetragen hat.

"Zeigen Sie mir eine Familie, die gerade jetzt im Winter mehr als ein paar Tage in einer unbeheizten Wohnung und ohne Warmwasserversorgung lebt, selbst wenn die Mietzinsminderung 70 bis 90 Prozent betragen würde", kritisiert AK-Präsident Rudolf Kaske und spricht von "Zynismus". "Das ist absurd und eine extrem ungerechte Gesetzesauslegung, die mehr als eine Million Mieterinnen und Mieter benachteiligt", schlussfolgert der AK-Präsident. "Da hilft es wenig, wenn das Gericht in seinem Urteil gleich selbst bestätigt: Den Kritikern der Rechtsprechung ist zuzugestehen, dass die Rechtslage unbefriedigend erscheint."

Streitfall seit Jahren

Seit Jahren herrscht in der Frage der Erhaltung einer Gastherme, etwa wenn sie ohne Schuld des Mieters oder der Mieterin durch "Altersschwäche" kaputt wird, Verwirrung. Im Jahr 2009 gab es OGH-Urteile zugunsten der Vermieter: Das Höchstgericht stellte fest, dass diese im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes, aber auch etwa bei Genossenschaftswohnungen, nicht verpflichtet seien, eine kaputt gewordene Heiztherme oder einen defekten Warmwasserboiler zu reparieren oder zu ersetzen, obwohl sie dafür Miete kassieren. Denn: Vermieter müssen Mietzinsobergrenzen gegen sich gelten lassen. "Das ist mehr als unfair", sagt Kaske nun. "Die Mieter und Mieterinnen zahlen ohnehin hohe Mieten, weil die Vermieter verlangen, was der Markt hergibt, oft auch, weil ihnen das vom OGH sogar ausdrücklich erlaubt wurde. Gleichzeitig werden die Vermieter von erheblichen Erhaltungspflichten befreit. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?"

Je gröber ein Mangel, desto eher könne ein Vermieter damit rechnen, dass ein Mieter die Brauchbarkeit auf eigene Kosten wiederherstellt, so Kaske. "Und meist gilt auch: je gröber der Mangel, desto höher die Reparaturkosten, die den Mietern nicht ersetzt werden."

Reformgruppe tagt

Vom neuen Justizminister Wolfgang Brandstetter verlangt der AK-Präsident "rasch klare gesetzliche Regeln im Mietrechtsgesetz, dass die Erhaltungspflicht für den Mietgegenstand und all seine Einrichtungen und Ausstattungen die Vermieterinnen und Vermieter trifft. Schließlich erhalten die Vermieterinnen und Vermieter dafür ja auch den Mietzins."

Wie mehrmals berichtet, existiert im Justizministerium seit Sommer vergangenen Jahres eine Reformgruppe, die sich auch dieser Thematik annehmen sollte. Ergebnisse wurden zuletzt noch für das erste Halbjahr 2014 angekündigt, Beobachter zweifeln aber an der Kompromissfähigkeit der Beteiligten.

"Sache der Gesetzgebung"

Das Verlangen nach einer Gesetzesänderung werde nun aber auch von den Höchstrichtern in dem aktuellen Urteil bekräftigt, zitiert Kaske aus der Begründung: "Unbefriedigende Gesetzesbestimmungen zu ändern ist nicht Sache der Rechtsprechung, sondern der Gesetzgebung." (red, derStandard.at, 16.1.2014)