Dundee - Während die kontinentaleuropäischen Hochgebirge noch heute Gletscher tragen, schüttelte Schottland die eisige Last am Ende der letzten Kaltzeit vor etwa 12.500 bis 10.000 Jahren ab. So dachte man bislang zumindest. Nun gibt es aber Hinweise darauf, dass in Teilen Schottlands noch sehr viel später Gletscher vorhanden waren.

Den Ort der Vergletscherung glaubt der Geograf Martin Kirkbride von der Universität Dundee in den Cairngorms gefunden zu haben, einer Gebirgskette im Nordosten Schottlands. Kirkbride untersuchte dort Kare - also Eintiefungen an Berghängen - und die Überreste von Moränen: Beides sind Hinterlassenschaften ehemaliger Gletscher. Isotopen-Analysen ermöglichten eine Aussage darüber, wann die Quarzkristalle in den Granitbrocken solcher Moränen kosmischer Strahlung ausgesetzt waren. Kurz: Wann diese Brocken unbedeckt an der Erdoberfläche lagen.

Vorübergehende Vergletscherung

Die Ergebnisse der Analysen weisen darauf hin, dass das Geröll erst im vergangenen halben Jahrtausend von einem Gletscher aufgehäuft wurde, also lange nach dem Ende der letzten großen Kaltzeit. Die kühlste Periode seitdem war die sogenannte Kleine Eiszeit, die sich vom 15. bis ins 19. Jahrhundert erstreckte, insbesondere aber von der Mitte des 17. bis zum frühen 18. Jahrhundert eine deutliche Abkühlung mit sich brachte.

Überall in den europäischen Gebirgsregionen rückten damals die Gletscher vor - und laut Kirkbride traten sie nun auch in den schottischen Cairngorms wieder auf. Gegenüber der BBC berichtete der Forscher von überlieferten Erzählungen, wonach die Berggipfel damals rund ums Jahr schneebedeckt gewesen seien. Seine Ergebnisse wertet er als erste wissenschaftliche Bestätigung dafür, dass es damals tatsächlich wieder zu einer Vergletscherung kam. Und vielleicht sei dies nicht nur auf dem Höhepunkt der Kleinen Eiszeit, sondern auch in anderen Kälteperioden der Fall gewesen. (red, derStandard.at, 25. 1. 2014)