Keanu Reeves als treuer Diener seines Herrn im Martial-Arts-Drama "47 Ronin", einem Film, der durch die sogenannte Produktionshölle ging.

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Wien - Der Außenseiter am Hof des japanischen Fürsten ist seinem Herrn bedingungslos treu. Seine Herkunft als Findling ließ ihn zum Zaungast werden, stets hielt er respektvoll Abstand zu den bewunderten Samurai. Nun ist er erwachsen, hilft als Fährtensucher im Kampf gegen Drachen und hat ein Auge auf die schöne Prinzessin geworfen, die er nie zur Frau wird nehmen können.

In 47 Ronin findet man alle Zutaten, die einen Blockbuster angeblich aus dem Rest der Massenware herausragen lassen: eine spannende Story rund um einen einsamen Helden, der sich gegen alle Widerstände zu behaupten hat; ein extravagantes historisches Setting, das dem Fernen Osten des frühen 18. Jahrhunderts den im Westen so beliebten exotischen Flair verleiht; beeindruckende Landschaftsaufnahmen und Kostüme in satten Farben; und nicht zuletzt einen jungen, buchstäblich viel versprechenden Regisseur sowie einen Star, dessen internationale Bekanntheit einem der populärsten US-Kampfkunstfilme geschuldet ist.

Doch auch wenn alle Bestandteile richtig dosiert scheinen, ist das Ergebnis noch lange nicht davor gefeit, bereits vor dem Kinostart als einer der größten Flops Hollywoods zu gelten. Keanu Reeves, mit dessen Karriere es nach dem Erfolg von Matrix deutlich bergab ging, dürfte sich im Laufe der fünf Jahre dauernden Entstehung von 47 Ronin ähnlich einsam gefühlt haben wie der von ihm dargestellte Einzelgänger.

Denn die Produktionsbedingungen des 175 Millionen Dollar teuren Blockbusters sollten sich als katastrophal herausstellen: Nicht nur sorgten mehrere von der Chefetage verordnete Drehbuchfassungen für Unmut bei Regie-Newcomer Carl Rinsch, das historische Epos wurde auch mit Fantasyelementen wie einer bösen Hexe und diversen Fabelwesen aufgemotzt. Eine Entscheidung, die wiederum die Umstellung auf 3-D-Technik nach sich zog, was nicht nur die Produktionskosten in die Höhen trieb, sondern auch bedeutete, dass mehrere Cutter retten sollten, was in den Augen vieler nicht mehr zu retten war.

Angesichts des fertigen Films, der zu Weihnachten in den USA startete und am ersten Wochenende lediglich knapp zehn Millionen Dollar einspielte, ist es jedoch nicht einfach festzustellen, was aus dem Ruder laufen konnte. 47 Ronin ist im Vergleich zu vielen kläglichen US-Produktionen immer noch eine solide, wenngleich manchmal unfreiwillig komische Action-Fantasy-Mischung. Was hat das Universal Studio, dessen Chef Adam Fogelson mittlerweile seinen Sessel räumen musste, also falsch gemacht? Vermutlich war der größte Fehler, es allen recht machen zu wollen. Das tragische Schicksal, das die für die Ehre ihres toten Herrn kämpfenden Ronin am Ende ereilt, hat symbolischen Wert. (Michael Pekler, DER STANDARD, 24.1.2014)