Mit Pferdeohren auf dem Helm machen Anfänger schon eine ganz gute Figur beim Skijöring.

Foto: Adrienne Friedlaender

Mit Brille, Helm und Skiern stehen wir im Kärntner Schnee. Es ist bretteleben. Statt Stöcken halten wir eine zwei Meter lange Leine in den Händen. Die verbindet uns mit Esther, der kräftigen Kaltblutstute. "Seid ihr bereit?", fragt Hans Köfler vom Rücken eines braunen Kraftpakets. Er nickt uns kurz zu, dann schnalzt er mit der Zunge. Hunderte Kilo Pferd setzen sich in Bewegung. Wir spüren einen kurzen Ruck, stemmen uns dagegen und nehmen Fahrt auf.

Skijöring heißt der Wintersport, der aus Norwegen und Schweden kommt. Übersetzt bedeutet es "gezogener Ski". Dabei lassen sich bis zu drei Skifahrer von einem Pferd über Schnee und Eis ziehen - oder, je nach Geschmack, von Hunden oder Mopeds. Auf seinem Bergbauernhof in Heiligengeist am Dobratsch erzählt Hans Köfler: "Im Fernsehen war eine Reportage. Da hab ich gewusst: Das will ich auch machen, mit meinen Pferden!"

Als er den anderen Bauern im Dorf von seiner Idee erzählte, hielten ihn alle für verrückt. Ski fahren hinter trabenden oder sogar galoppierenden Pferden befanden sie nicht nur für vollkommen überflüssig, sondern auch für gefährlich. Aber der Pferdliebhaber ließ sich nicht davon abringen.

Leitplanken aus Schnee

Und so kam es, dass sich die 17-jährige Esther eines Tages sehr wunderte. Natürlich kannte die Gebirgsstute Skifahrer. Schon als Fohlen beobachtete sie, wie diese hinter ihrem Stall den Hang hinunterbrausten. Aber vor drei Jahren hing so einer zum ersten Mal an Leinen hinter ihr. Doch die Norikerstute ist ein williges Arbeitstier und zu vielem bereit, was tierliebende Menschen von ihr wollen. Zwei Jahre später bot Köfler als Erster in der Region Schnupperstunden für Skijöring an.

In der Nacht hat es kräftig geschneit. Schneehaufen liegen am Rand der Übungsbahn, die Köfler in der Früh für unsere Schnupperstunde freigeschaufelt hat. Sie begrenzen nicht nur die Bahn, sondern dienen auch als eine Art Leitplanke. Ohne jegliche Muskelanstrengung durch den glitzernden Schnee gezogen zu werden - gestern hörte sich das noch wie ein entspanntes Wintermärchen an.

Erst jetzt, dicht am mächtigen Hinterteil von Esther, ahnen wir: Ganz so einfach wird die Sache vielleicht doch nicht. Schon die erste Übung, auf der kurzen Bahn die Spur zu halten, ohne der braven Stute in die Hacken zu fahren, erfordert hohe Konzentration. Wir lernen in den Kurven die Balance zu halten - bis Esther auf einmal den Schweif hebt.

Mitten durch den dampfenden Haufen

Wir wollen dem Hindernis noch ausweichen, verlieren aber das Gleichgewicht und fahren mitten durch den dampfenden Haufen. Bringt vielleicht Glück. Hoffen wir zumindest, denn kaum stehen wir wieder gerade hinter dem mächtigen Hinterteil, fragt Köfler: "Alles gut da hinten?" 

Das Schweigen deutet er als Zustimmung, denn schon fällt Esther in einen flotten Trab. Immer schneller sausen wir durch die Kurven der 100 Meter langen Bahn. Die Arme brennen wie Feuer vor Anstrengung. Auch Esther ist inzwischen warm geworden. Das dicke Winterfell ist schweißnass, und aus den Nüstern der eifrigen Stute steigen Dampfwolken in die eiskalte Winterluft.

Nach dreißig Minuten sind Köfler, Esther und ihre Anhängsel ein eingespieltes Team. Noch eine Runde im schnellen Galopp. Tiefverschneite Fichten sausen vorbei und durch den Körper die Glückshormone. (Adrienne Friedlaender, DER STANDARD, Album, 25.1.2014)