Irene Prieler und Michael Wildmann ...

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... haben eine Vorliebe für ungewöhnlichen Materialmix und ein Herz für alte Bausubstanz: Doppelhaus Gemini, ...

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... Sanierung der Sonderschule Linz.

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Wien - Gelbe Jacke, gelbe Brille, gelbe Website. "Das Leben in Wien ist manchmal grau", sagt Michael Wildmann. "Eigentlich war die Brille ein Sonnenschein-Experiment, aber mittlerweile kann ich nicht mehr ohne." Gemeinsam mit seiner ebenso sonnig bemantelten Partnerin Irene Prieler betreibt Wildmann in der Grundsteingasse das sich daraus ableitende Wiener Architekturbüro Grundstein. Spezialisiert sind die beiden, die sich 2004 kennenlernten, auf Bauten und Konzepte, die sich - für potenzielle Auftraggeber eine nicht unwichtige Farbkreisinformation - nicht zwangsweise dem präferierten chromatischen Duktus unterzuordnen haben.

Netzwerk-Plattform

"Wir verstehen unser Büro als Netzwerkplattform für alle Disziplinen", sagt Prieler. "Architektur ist nämlich nicht nur das Aufgabengebiet einiger sehr weniger Personen, sondern eine Kooperative, eine Art prozessorientiertes Arbeiten mit vielen, vielen Involvierten." Den besten Beweis dafür liefert das Haus Gemini im Wienerwald, an dessen Planung sich nicht weniger als vier Architekturbüros beteiligten: AL1, Bauchplan, Peter Kneidinger und Grundstein.

Auf den ersten Blick wirkt das 400 Quadratmeter große Doppelhaus, das für zwei Familien konzipiert ist, wie die anachronistische Summe aus Polycarbonat und Lehm, aus Plastik und Erde, aus Industrie und Natur. Doch der ungewöhnliche Materialmix ist nichts anderes als die Antwort auf die Summe der angestellten Überlegungen und der daraus resultierenden Anforderungen.

Frage des Blickwinkels

"Beim Haus Gemini wollten wir unser Konzept von nachhaltigem, ökologischem Bauen und Wohnen und viel Tageslicht mit möglichst billigen und effizienten Materialien realisieren", erklärt Prieler. "Die Polycarbonat-Stegplatten, die man eher von Gewächshäusern kennt, haben den Vorteil, dass man sie mal als blickdichte Wand, mal als transluzentes Element und mal als Fenster verwenden kann - je nachdem, wo man Löcher in die Haut schneidet und wo man den Wandaufbau mit Dämmstoff befüllt." Wichtiger Faktor am Rande: Die hier gewählte Bauweise eignet sich auch zum Selbstbau. Letztes Jahr wurde das Projekt mit dem Preis "Das beste Haus" ausgezeichnet.

"Doch wenn es um Ökologie geht", meint Wildmann, "darf man nicht nur von Neubau sprechen, sondern muss sich vor allem auch mit der Sanierung von Bestandsbauten beschäftigen. Einem Sechzigerjahre-Haus können wir genauso viel abgewinnen wie einer schönen Gründerzeitvilla. Es ist nur eine Frage des Blickwinkels auf das Thema Substanz."

Eines der bisher komplexesten Projekte im Büro Grundstein war die thermische Sanierung der Allgemeinen Sonderschule ASO4 in Linz, bei der die wenig attraktive Bausubstanz erweitert und aufgestockt sowie in eine neue Hülle aus Holz und Zellulose-Dämmung gepackt wurde. Fazit dieser Bemühungen: Passivhausqualität, zufriedene Schülerinnen und Lehrer sowie der Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 2013. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 25.1.2014)