Die Strategie der thailändischen Oppositionellen ist simpel: je intensiver und blutiger die Unruhen, desto unwahrscheinlicher die Durchführung der Neuwahlen. Insofern spielt die Ermordung eines Protestführers den Demonstranten in die Hände. Die setzen nämlich alles daran, die für 2. Februar geplante Parlamentswahl zu verhindern. Der den elitären Oppositionellen nahestehende Oberste Gerichtshof trägt auch seinen Teil dazu bei und erklärt eine mögliche Wahlverschiebung für verfassungskonform. Gleichzeitig belagern Regierungskritiker zahlreiche Wahllokale, um eine vorzeitige Stimmabgabe zu verhindern. Sicher ist sicher. Schließlich wäre eine erneute demokratische Legitimierung der Regierung das Worst-Case-Szenario für die Opposition.

In der Zeit, in der Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra dann vergeblich auf Neuwahlen hoffen wird, können ihr Gerichte, Anti-Korruptions-Stellen oder andere von der Elite dominierte Behörden einen juristischen Strick drehen, sie verurteilen und so zum Rücktritt zwingen - oder gleich die ganze Partei verbieten.

Ganz so neu wäre das Szenario nicht: Bereits 2008 wurde auf ähnliche Weise die Partei des Thaksin-Clans aus der Regierung katapultiert. Man könnte es also als bewährtes Erfolgskonzept bezeichnen. Allerdings: Nach dem stillen Putsch vor sechs Jahren gingen die Thaksin-Anhänger auf die Straßen - und erzwangen den nächsten Machtwechsel. (Kim Son Hoang, DER STANDARD, 27.1.2014)