Wien - Seit Jänner 2013 ist das neue Lobbyinggesetz in Kraft. Das Gesetz sei zwar ein Anfang, müsse an vielen Stellen weiterentwickelt werden, zieht die Österreichische Public-Affairs-Vereinigung (ÖPAV) eine erste Bilanz. Das Ende von Ausnahmeregeln ist die wichtigste Forderung.

ÖPAV-Präsident Peter Köppl: "Wir befinden uns auf dem Weg in Richtung mehr Transparenz für die Bürger und mehr Sicherheit für den Markt. Das ist gut, aber noch nicht gut genug. Aufgabe der Regierung muss es jetzt sein, an den Ecken und Kanten des Lobbying-Gesetzes zu feilen, um eine absolute Öffnung, Professionalisierung und letztlich auch Modernisierung der Public-Affairs-Branche zu ermöglichen".

Das Gesetz sieht vor, dass die vielen Interessenvertreter der Kammern gar nicht einzeln erfasst und anwaltliche Tätigkeiten ausgenommen sind. Das würden die meisten Rechtsanwälte als Komplettausnahme - auch für Lobbying-Tätigkeiten - interpretieren. Außerdem würden Lobbyisten unfairerweise kategorisiert und würden damit unterschiedlich strengen Veröffentlichungspflichten, Verhaltensregeln und Sanktionen unterliegen.

Daneben kritisierte die ÖPAV bereits mehrfach, dass gerade sie als Standesvertretung der Public Affairs nicht im Lobbyingregister stehen dürfte. "Das ist absurd und zeigt sehr anschaulich die Unzulänglichkeiten des Lobbying-Gesetzes in seiner derzeitigen Form", sagt Köppl. Viele, die tagtäglich mit Public Affairs zu tun haben, wurden bis jetzt nicht von der Registrierungspflicht erfasst. 

ÖPAV fordert folgende Gesetzes-Novellierung

  •  Klare Formulierungen sowie Gleichbehandlung aller Berufsfelder - ob Agentur, Unternehmen, Verband, NGO oder Kammer
  • Korrektur von Schlupflöchern und Umgehungsmöglichkeiten (wie die "Vertretung" durch Anwälte und damit Umgehung der Registrierungspflicht)
  • Aufhebung der Unterscheidung von Lobbying und Interessenvertretung

Public-Affairs-Branche zuversichtlich

Die im Auftrag der ÖPAV durchgeführte und vom BMJ, dem Fachverband Werbung und Marktkommunikation sowie den Wiener Stadtwerken unterstützte Berufsfeld-Studie der Universität Wien zeigt eine positive Stimmung innerhalb der Public-Affairs-Branche. "Public Affairs erwartet sich eine deutliche Bedarfssteigerung in den kommenden fünf Jahren, vor allem seitens den KMU, bei Nachhaltigkeitsthematiken und auf EU- und internationaler Ebene", sagt dazu Julia Wippersberg vom Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Köppl: "Was es aber braucht, ist mehr und konsequente öffentliche Aufklärung, was Lobbying und Public Affairs sind und was sie zum Unternehmenserfolg beitragen können, darin sehen auch wir unseren Auftrags."

Auch Public-Relations-Verband Austria für Novellierung

Der PRVA unterstützt die Forderungen seines Partnerverbandes ÖPAV nach einer Novelle des Lobbying-Gesetzes. Das Lobbying-Gesetz ist für den PRVA eine "richtig gesetzte Maßnahme", allerdings müsse jetzt in einem nächsten Schritt die Gleichbehandlung aller im Lobbyingbereich Tätigen im Gesetz eingearbeitet werden, sagt auch der Public-Relations-Verband Austria und fordert eine baldmöglichste Adaptierung des bestehenden Gesetzes.

"Das Gesetz hat dazu geführt, dass über das Lobbyingregister transparent ist, wer sich als Lobbyist betätigt. Es hat sicher Spreu vom Weizen getrennt. Jene, die aktuell als Lobbyisten unterwegs sind, sind hochprofessionell. Eines hat sich allerdings noch ergeben: viele Anbieter haben Lobbying aus ihrem Portfolio genommen bzw. sowohl Agenturen als auch Unternehmen verwenden jetzt eher den Überbegriff Public Affairs für die Leistungsbeschreibung", sagt PRVA-Präsidentin Ingrid Vogl.

Die Ausnahmeregelungen und Unterscheidungen betreffend Veröffentlichungspflichten, Verhaltensregeln und Sanktionen für Interessensvertretungen der Kammern sowie für Rechtsanwälte würden das Gesetz zu einem "Mehrklassen-Gesetz" machen, Graubereichen und Umgehungsmöglichkeiten sei damit weiterhin Tür und Tor geöffnet.

Fachverband Werbung für Evaluierung

Zumindest für eine Evaluierung plädiert auch der Fachverband Werbung in der Wirtschaftskammer. Allerdings kritisiert die Kammer vor allem die unterschiedlichen Eintragungsgebühren für Lobbying-Agenturen und Unternehmenslobbyisten. Eine einheitliche Registrierungspflicht für alle hält man dort für "nicht unbedingt notwendig". (red, derStandard.at, 28.1.2014/APA)