Mehr Öffi-, Radfahrten und Fußwege sollen die Verkehrssituation in Wien entschärfen. Den Plan nennt die Stad-VP "Hetze gegen Autofahrer".

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Wien - So eine Regierungsklausur ist ein guter Anlass, die Machtverhältnisse zu klären. Hinter den Rathauskulissen ebenso wie coram publico. Der rote Bürgermeister hat das erste Wort, wenn die Journalisten antanzen - so ist das, auch wenn sein Pressesprecher versehentlich die grüne Vizebürgermeisterin auffordert, als erste zu sprechen. Maria Vassilakou war kurz irritiert, Michael Häupl parierte den Lapsus gekonnt ("Der wollt' nur testen, wie sicher sein Job ist"), und dann verkündeten die beiden gemeinsam mit Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SP), worüber sich die Stadtregierung gerade so den Kopf zerbricht.

Konkret ging es um den Stadtentwicklungsplan 2015 (Step), der, wie Vassilakou erklärte, hauptsächlich eine Fortschreibung seines Vorgängers aus dem Jahr 2005 ist. Mit einigen grünen Einsprengseln: So soll der Anteil der so genannten umweltfreundlichen Mobilität in Wien - also Radfahren, Gehen und Öffi-Benutzung - von derzeit 73 Prozent aller Verkehrswege bis 2025 auf 80 Prozent steigen.

Die grüne Verkehrsstadträtin wünscht sich außerdem, "dass Straßen künftig nicht nur als Ort der Mobilität dienen", sondern auch zu Aufenthaltsorten werden. Als Beispiel nannte sie die Umgestaltung der Ottakringer Straße; weitaus heikler und politisch symbolträchtiger ist freilich die Verwandlung der Mariahilfer Straße in eine Begegnungszone, über die die Bewohner des 6. und 7. Bezirkes ab Ende Februar abstimmen. Diese erwähnte Vassilakou aber wohlweislich nur am Rande. Scheitere dieses Projekt, würden auch weitere Verkehrsberuhigungen in weite Ferne rücken, hatten die Grünen zuletzt stets betont.

Heikles Thema U5

Ein anderes, heikles Thema sprach das rot-rot-grüne Triumvirat am Mittwoch gar nicht offiziell an: den Bau der neuen U-Bahn-Linie 5. Wie berichtet, will die SP diesen unbedingt; in einer ersten Ausbaustufe könnte die U5 von der Alser Straße zum Rathaus und weiter zum Karlsplatz führen. Damit einher ginge eine Abzweigung und Verlängerung der U2 Richtung Süden.

Gegen mehr Öffis haben die Grünen zwar nichts, sie wollen den U-Bahn-Ausbau aber nur in Kombination mit mehr Schnell- und Straßenbahnen. Ihr Argument: Die U5 würde in ihrer Rumpfvariante kaum etwas bringen (etwa für die U6, die an ihrer Belastungsgrenze ist). Angesichts von 300.000 Menschen, die in den nächsten 15 Jahren als Wien-Zuwanderer erwartet werden, müsse man aber rasch handeln. Vassilakou betonte, Wien sei die am schnellsten wachsende Stadt im deutschsprachigen Raum.

Die SP schließt ein Öffi-Gesamtpaket gar nicht aus, letztlich wird aber alles eine Frage des Geldes sein. Da kommt der Bund ins Spiel, der die Hälfte des U-Bahn-Baus bezahlen muss; etwa eine Milliarde Euro würde nur die Kurz-Variante der U5 kosten.

Tatsächlich könnte das noch dauern: Wie der Standard am Mittwoch im Infrastrukturministerium erfuhr, gab es diesbezüglich noch kein Gespräch mit der Stadtregierung. Prinzipiell stehe man dem weiteren U-Bahn-Ausbau aber positiv gegenüber. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 30.1.2014)