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Ein palästinensischer Hirte nahe der jüdischen Siedlung Pazael im Jordantal im östlichen Westjordanland.

Foto: APA/EPA/Badarneh

Ein "Rahmenabkommen" – das weder Israelis noch Palästinenser voll akzeptieren werden – soll es ermöglichen, diese Deadline auszudehnen.

Jerusalem/Wien – Sich das Rahmenabkommen für einen Palästinenserstaat "auszurechnen", das der unermüdliche US-Außenminister John Kerry in Kürze präsentieren soll, ist zum Spiel der Nahost-Beobachter geworden: Die ganze Welt zitierte zuletzt aufgeregt Thomas L. Friedman, der in der New York Times jene Punkte zusammenfasste, die – so erzählte er später laut Haaretz bei einer Diskussion – er selbst aus der israelischen Zeitung destilliert hatte. Allerdings habe das US-Außenamt seine Darstellung auf Nachfrage hin nicht dementiert.

Inzwischen ist auch bekannt, was Washingtons Nahost-Sonderbeauftragter Martin Indyk in einem Briefing für jüdische Repräsentanten gesagt haben soll: Auch hier dementierte das State Department nicht, betonte aber, dass sich Indyk nicht zur definitiven Gestalt des Abkommens geäußert habe.

Beide Darstellungen enthalten keine riesigen Überraschungen: Das Rad einer möglichen israelischen-palästinensischen Konfliktbeilegung ist ja theoretisch längst erfunden, es muss nur konstruiert und gebaut werden – und dann auch halten und funktionieren. Das erwartete Rahmenabkommen ist auch wieder nur ein Zwischenschritt: Die beiden Seiten sollen es prinzipiell als weitere Arbeitsbasis akzeptieren, was die dräuende Deadline von Ende April, neun Monate nach Gesprächsbeginn, entschärfen soll. Das neue Ziel wäre Ende 2014.

Friedman spricht von einem Abkommen, das einen schrittweisen Abzug Israels aus dem Westjordanland vorsieht, wobei große Siedlungsblöcke bei Israel verbleiben, die Palästinenser jedoch mit israelischem Territorium kompensiert würden. Im Jordantal im Osten wird es "noch nie dagewesene Sicherheitsarrangements" geben. Die Palästinenser werden ihre Hauptstadt im arabischen Teil Jerusalems bekommen, Israel als Nationalstaat des jüdischen Volkes anerkennen und auf das Rückkehrrecht nach Israel verzichten.

Bei Indyk kommt umgekehrt auch eine Anerkennung Palästinas als Nationalstaat der Palästinenser vor. Die israelischen Annexionen werden 75 bis 80 Prozent der jüdischen Siedler "mitnehmen", die anderen könnten in Palästina bleiben, wenn sie das wollen. Das hat bereits Premier Benjamin Netanjahu angedeutet, als er sagte, er werde "keinen einzigen Israeli entwurzeln".

Beide Seiten, Israelis und Palästinenser, deponieren bereits jetzt, dass sie so einem Rahmenabkommen nicht in allen Details zustimmen werden. Besonders harsch waren palästinensische Reaktionen auf den Verzicht auf die Rückkehr. Für diesen Punkt gilt jedoch ganz besonders, was Indyk laut der jüdischen Nachrichtenagentur JTA bei dem Briefing gesagt haben soll: dass die Amerikaner das jetzt aussprechen müssen, was die beiden Seiten noch nicht sagen können.

Außer Frage steht inzwischen, dass das Jordantal nicht unter palästinensischer Kontrolle sein wird – die Frage ist nur, für wie lange sowie wer dort sitzt. Während Israel an zehn bis15 Jahre denkt, hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zuletzt von drei Jahren und einer möglichen Nato-Präsenz gesprochen.

Dieser Puffer könnte von der anderen Seite – dem durch den Syrien-Konflikt geprüften Jordanien – gar nicht so ungern gesehen werden. In ein neugegründetes Palästina würden, wenn für sie keine anderen Lösungen gefunden werden, hunderttausende Nachkommen palästinensischer Flüchtlinge aus arabischen Ländern strömen. Diese muss die palästinensische Wirtschaft und Gesellschaft erst einmal verkraften. Das wird die USA und die EU viel Geld kosten, wie auch der israelische Rückzug und die laut Indyk ebenfalls vorgesehenen Entschädigungen für aus arabischen Ländern geflohene Juden. (Gudrun Harrer /DER STANDARD, 1.2.2014)