Geldgeschenk im Kuvert? Von der Oma fürs Enkerl: kein Problem! Für Politiker? Obacht!

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Wien - Politiker und Kuverts, das ist so eine Sache: Meistens sind es Beschwerdebriefe, oft Bettelbriefe, mitunter Beleidigungsepisteln. In einem Kuvert lassen sich aber auch Geldscheine verschenken. Aber darf das denn sein - Politiker und Geldkuverts? Nun, nicht jedes Kuvert, das Politikern in die Hand gedrückt wird, muss gleich ein Problem sein. Es kann aber eines werden, wie man an der Kuvertgeschichte sieht, in die Hans Niessl geraten ist.

Darf ein Politiker von wem auch immer ein Kuvert mit Geld an sich nehmen - oder geht das gar nicht?

Nun, er darf schon, wenn er es mitnimmt in die Parteizentrale, es dort auf das Konto der Partei überweisen lässt oder in die Handkasse legt - und, das ist wichtig beim richtig beschenken lassen, auch die Partei über das Geschenk informiert: Dann wird aus einem 10.000-Euro-Kuvert eine legale Parteispende. Die ist in Österreich erlaubt, wenn sie nicht still und heimlich kassiert, sondern im Rechenschaftsbericht der Bundespartei offengelegt wird (bis Juni 2012 nur in einer anonymisierten Liste über die Gesamtbeträge von Spenden über 7260 Euro, seither jede Spende über 3500 Euro).

"Günstiger" Zeitpunkt

Entscheidend für die Beurteilung so einer hypothetischen Geschenksituation ist zusätzlich aber auch das Strafrecht, das zum Zeitpunkt des Kuverttransfers in Kraft war, erklärt Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger im Standard-Gespräch. Und da zeigt sich: Falls es "zum Jahreswechsel 2009/10" tatsächlich zu einer Geldübergabe in Wattens gekommen sein sollte, hätte sie in einem rechtlich günstigen Umfeld stattgefunden. Denn bis September 2009 gab es, so Sickinger, ein "sehr strenges" Korruptionsrecht, dann wurde es aufgrund lautstark geäußerter und von Rot-Schwarz auch erhörter Wehklagen, wonach es ja bitte möglich sein müsse, auch in Zukunft Regierungsmitglieder und hochrangige Beamte etwa zu den Salzburger Festspielen einzuladen, ohne gleich mit einem Fuß im Kriminal zu stehen (Stichwort "Anfütterungsverbot"), wieder entschärft - bis 2012, da kam das deutlich verschärfte "Transparenzpaket".

2009/10, so es denn damals eine 10.000-Euro-Spende von einem Unternehmer an eine ihm sympathische oder sonst wie nahestehende Partei oder deren Vertreter gegeben haben sollte, hätte diese Parteispende an den Rechnungshofpräsidenten gemeldet werden müssen, wenn mehr als 7260 Euro lockergemacht worden wären. Im Rechenschaftsbericht der Bundes-SPÖ finden sich für den damaligen Zeitpunkt aber null Spenden, die SP-Burgenland hat also nichts weitergemeldet.

Sanktionslose Phase

Für den Fall, dass es da eine "Erinnerungslücke" gegeben haben sollte, war die damals gültige gesetzliche Regelung recht kommod: Denn es gab keine Sanktionen für eine Nichtmeldung durch die Bundespartei, erklärt Politologe Sickinger. Ein unvollständiger Rechenschaftsbericht wäre "laut Parteienrecht zwar illegal gewesen, aber auch sanktionslos", sagt der Experte: "Aber die SP-Burgenland, die es hätte melden müssen, hätte ein gravierendes politisches Problem, wenn es so eine Spende gegeben haben sollte."

Was einen Landeshauptmann in so einer Konstellation betreffen würde, so "zieht das Korruptionsstrafrecht die rote Linie" - und zwar dann, wenn sich "ein Konnex nachweisen lässt zwischen der Handlung des Geldgebers und einer möglichen Amtshandlung des Beschenkten", erklärt Hubert Sickinger. So ein Amtsgeschäft könnte auch eine "Ehrung des Landes sein, die ja ein großer immaterieller Vorteil ist". Heißt also: "Niemand darf einem Landeshauptmann Geld geben, wenn er sich von diesem potenziell ein Amtsgeschäft erwarten kann."

Zwischen September 2009 und Dezember 2012 war dies aber weniger scharf gefasst: Uneingeschränkt strafbar war eine Zuwendung an ein Regierungsmitglied nur für die Anbahnung eines "pflichtwidrigen" Amtsgeschäfts; für ein "pflichtgemäßes" Amtsgeschäft durfte ein Regierungsmitglied eine derartige Spende nur nicht selber fordern - annehmen hingegen schon, sogar im Wissen um die Absicht des Geldgebers.

Wenn Sie, geneigte Leser, also wirklich gefahr- und straflos schenken wollen, nehmen Sie jemanden, von dem sie im Gegenzug absolut nichts erwarten. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 11.2.2014)