An der Leistungsbilanz des Michael Spindelegger gibt es nichts zu beschönigen: Der Vizekanzler und ÖVP-Chef macht einen Fehler nach dem anderen. Im Wahlkampf hat er mit der Entfesselungskampagne Fantasien geweckt, die er weder verkörpern noch einlösen kann, danach die Regierung in eine wahnwitzige Budgetdebatte hineintheatert. Seine Personalrochaden waren schlecht vorbereitet, das Krisenmanagement ging in die Hose.

All das sind berechtigte Gründe für besorgte ÖVPler, ihrem Chef einen Baum aufzustellen - aber nicht so, wie das Spindeleggers Gegner derzeit tun. Ginge es etwa dem Wirtschaftsflügel rein um die Sache, also um Verbesserungen in puncto GmbH light und Gewinnfreibetrag, böte sich wie in hunderten Fällen zuvor der Weg über gesittete Verhandlungen hinter den Kulissen an. Stattdessen spielen die Kritiker öffentlich Katz und Maus: Sie treiben den Parteichef in die Ecke, lassen ihn wieder aus - um bei nächster Gelegenheit von neuem hinzupratzeln.

Was dieses Spiel für die ÖVP fatal macht: Geordnetes Ende ist nicht vorgesehen. Die Aufrührer schwächen zwar den amtierenden Chef, haben aber keine Alternative in petto. Was Spindelegger an Geschick vermissen lässt, das fehlt seinen Kontrahenten an Verantwortungsbewusstsein. Nicht zum ersten Mal: Viele Parteigranden, die sich nun über Spindelegger aufregen, haben dessen Politik in Form des Koalitionspakts vor wenigen Wochen abgenickt. (Gerald John, DER STANDARD, 11.2.2014)