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Pablo Iglesias, Politikprofessor der Universität Complutense in Madrid und einer der wenigen fortschrittlichen Stimmen in Spaniens TV-Landschaft, füllt Säle.

Foto: REUTERS/Andrea Comas

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El País prophezeit einen Wechsel bei den Europawahlen. "Die Sozialisten liegen vor der Partido Popular", titelt Spaniens größte Tageszeitung nach der letzten Umfrage. Das Ganze hat nur einen Haken: Die Schlagzeile müsste eigentlich lauten: "Das Zweiparteiensystem ist tot." Denn sowohl die Sozialisten der PSOE als auch die mit absoluter Mehrheit regierende PP verlieren – falls sich die Umfragen am Wahltag bestätigen - rund ein Drittel ihrer Stimmen. Die kleine Vereinigte Linke (IU) und die in der politischen Mitte angesiedelte Union für Demokratie und Fortschritt, die sich aus Dissidenten der beiden Großen speist, verdreifachen beziehungsweise verdoppeln ihr Ergebnis. Doch was auf der Straßen von den "Empörten" mit Parolen wie "Sie vertreten uns nicht" oder "PPSOE" zum Ausdruck gebracht wird, ist bei den großen Medien und in der Politik noch nicht so richtig angekommen. Das System, das in Spanien seit dem Ende der Diktatur in den 1970er Jahren funktionierte, steckt in einer tiefen Krise.

Alternativen gesucht

Ausgelöst durch die wirtschaftliche und soziale Krise, der die beiden großen Parteien mit ähnlichen Methoden begegnen, suchen die Menschen nach Alternativen. Und an denen wird es bei der Europawahl nicht fehlen. Links und rechts treten neue Formationen an und versprechen sich ein Sitz in Straßburg. Allen voran wird es die Stunde der Wahrheit für Spaniens grüne Partei Equo. Bei den letzten Parlamentswahlen deutlich gescheitert, muss Europa jetzt zeigen, ob in Spanien Platz für politische Ökologie ist.

Leicht wird es nicht, denn zwei völlig neue Parteien streiten sich mit Equo um die Wählerschaft, der auch die postkommunistische IU zu traditionell ist. Die Partei X versucht den Unmut der Empörten zu vertreten. Lange agierte sie nur im Internet, spricht von direkter Demokratie, horizontalen Strukturen und Basisentscheidungen. Bis heute hat sie keine Führer, mit deren Gesicht die Wähler und Wählerinnen sich identifizieren könnten.

Pablo Iglesias - Star heimatloser Linker

Ganz anders "Podemos" – "Wir können". Es ist das Projekt von Pablo Iglesias, einer der wenigen fortschrittlichen Stimmen in Spaniens TV-Landschaft, die von der PP weitgehend kontrolliert wird. Der 36-jährige Politikprofessor der Universität Complutense in Madrid nimmt regelmäßig an Talkshows teil und interviewt Politiker. Er ist zur Stimme derer geworden, die mit der Austeritätspolitik nicht einverstanden sind. Iglesias schart heimatlose Linke und Aktivisten aus den sozialen Protesten um sich. Egal wo er auftritt, füllt er die Säle.

War es bisher nur die politische Linke, wo sich mit PSOE und IU zwei Kräfte um die Wählergunst streiten, wird bei der Europawahl auch der PP ein Konkurrent entstehen. "VOX" nennt sich die neue Kraft. Es ist so etwas wie die spanische Tea-Party. Namhafte Politiker aus dem Lager der Konservativen haben sich VOX angeschlossen. Sie wollen ein noch härteres Vorgehen gegen die Separatisten in Katalonien und dem Baskenland, sind gegen Hafterleichterung für Gefangene aus ETA, selbst wenn sie todkrank sind und vertreten auch sonst allerlei ultrakonservative Ansichten. Rund eine Million der einst zehn Millionen Wähler und Wählerinnen der PP dürften VOX ideologisch nahestehen, so die Einschätzung der Meinungsforscher. (derStandard.at, 17.2.2014)