Jetzt kommt sie doch schneller als gedacht, die Gratis-Zahnspange für alle. So schnell, dass selbst der Hauptverband durch einen Anruf des STANDARD von der Einigung zwischen den Koalitionspartnern erfuhr. Bereits ab Mitte 2015 zahlt die Krankenkasse Menschen unter 18 Jahren medizinisch indizierte Zahnspangen, und zwar unabhängig vom finanziellen Background.

Das ist natürlich gut und richtig. Für viele Eltern war das vage Versprechen des Gesundheitsministers eine Art Karotte vor der Nase, ein Unsicherheitsfaktor bei der familiären Finanzplanung. Das ist auf die Dauer nicht tragbar. Es bestand ein gewisses Risiko, dass Eltern notwendige Zahnregulierungen verschoben hätten in der Hoffnung darauf, sich eventuell in ein paar Jahren mehrere tausend Euro zu ersparen. So etwas kann kein Gesundheitsminister wollen.

Beim Thema Zahngesundheit ist damit zwar viel gewonnen, dennoch kann die Gratis-Zahnspange nur ein Anfang sein. Es gibt Dutzende Leistungen, deren Notwendigkeit unbestritten ist – und die trotzdem vom Patienten zu bezahlen sind, so es sich dieser leisten kann. 800, 900 Euro für ein einzige Krone sind auch für Gutverdiener kein Pappenstiel; die Alternative ist oft schlicht, mit einer Lücke im Gebiss herumzulaufen. Oder ins östliche Ausland zu reisen.

Der Grund dafür ist ein echter Reformstau bei den zahnärztlichen Kassenverträgen. Sozialversicherungen und Zahnärztekammer werfen einander gegenseitig Gesprächsverweigerung vor. Hans Jörg Schelling, Vorsitzender des Hauptverbandes, hat Anfang vergangenen Jahres die Zahngesundheit dezidiert zum Thema seiner zweiten Amtsperiode erhoben, beißt aber bisher auf Granit. Obwohl sie öffentlich natürlich das Gegenteil beteuern, ist das Interesse der Zahnärzte, mehr Leistungen auf Rechnung der Kassen zu erbringen, enden wollend: Gut möglich, dass die Kasse im Rahmen ihres Vertrages weniger zahlt als der Patient.

Auch bei der Gratis-Zahnspange sehen die Ärzte nun zunächst die Unmöglichkeiten: unklare Finanzierung, zu wenige Kapazitäten, viele offene Vertragsfragen. Ob Stögers Projekt ein Erfolg wird, steht und fällt wohl mit dem Kooperationswillen der Zahnärztekammer. Ein echtes Austriakum, aber allemal: Der erste Schritt ist gemacht. Selbst das ist hierzulande nicht selbstverständlich. (Andrea Heigl, derStandard.at, 12.2.2014)