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Nicht Sammler, sondern Einsammler: Die Kohlmeise.

Foto: AP

Heidelberg/New York - Vögel, die für schlechte Zeiten Futtervorräte anlegen, sollten sichergehen, dass sie beim Verstecken nicht von Kohlmeisen beobachtet werden. Biologen der südschwedischen Universität Lund fanden heraus, dass sich die Kohlmeise (Parus major) auch noch 24 Stunden nach der Beobachtung erinnern kann, wo sich Futterlager anderer Vögel befinden. Zwar teilen die Tiere diese Fähigkeit mit bekannten Futtersammlern wie Krähen und Eichelhähern; sie selbst horten aber interessanterweise kein Futter, wie die Forscher aktuell im Fachjournal "Behavioral Ecology and Sociobiology" berichten.

Die Beobachtungen wurden in einem speziell für Vogelexperimente eingerichteten Labor durchgeführt. Man ließ in Käfigen gehaltene Kohlmeisen zunächst beobachten, wo Sumpfmeisen (Poecile palustris) Sonnenblumenkerne versteckten. Nach einer Pause von einer bis 24 Stunden konnten sich die Vögel dann auf die Suche nach den Verstecken machen. Die besten Ergebnisse erzielten die Meisen nach einer Stunde, aber auch nach 24 Stunden hatte ihre Fähigkeit, die Verstecke aufzustöbern, nur minimal nachgelassen.

Allozentrisches Raumverständnis

In der freien Natur ist diese Fähigkeit klarerweise ausgesprochen nützlich. Dafür bedarf es einer Gedächtnisleistung, die bisher nur bei einigen Rabenvögeln wie dem mexikanischen Eichelhäher und dem Kiefernhäher nachgewiesen werden konnte. Die schwedischen Forscher konnten nun erstmals zeigen, dass auch Mitglieder der Paridae, zu denen die verschiedenen Meisenarten gehören, über ein auf Beobachtung basierendes räumliches Erinnerungsvermögen verfügen.

Das Futterverhalten der Kohlmeisen lasse keine Zweifel an deren kognitiven Fähigkeit offen, so die Forscher: Die Vögel seien nämlich auch in der Lage, aus ihren Beobachtungen zu lernen. Besonders überraschend sei aber, dass die Spezies selbst gar kein Futtersammler ist und darum möglicherweise gar nicht über jene Gedächtnisadaptationen verfügt, die spezialisierte Futtersammler besitzen. Die Futterdiebe könnten bei ihren Beobachtungen also andere Gedächtnistechniken einsetzen als die Sammler: Die Forscher vermuten, dass die Meisen über ein allozentrisches Raumverständnis verfügen und sich an äußeren Referenzsystemen orientieren.

"Die Fähigkeit, Beobachtungen zu speichern, könnte für Nicht-Sammler wichtiger sein als für Sammler - die Überlebenschance kann dadurch unter bestimmten Umständen drastisch steigen", berichtet Anders Brodin, Mitautor der Studie. (red, derStandard.at, 12.2.2014)