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Aktivist und Transgender: Vladimir Luxuria kämpft für Menschenrechte.

Foto: AP/David Goldman

Wollust steht für die Freude an der sexuellen Begierde. Als Gegenthese zur Frigidität, der Lustlosigkeit, ist sie frei von unterdrückten Gefühlen, unbeirrt spürt sie erotischen Fantasien nach.

Was im Mittelalter noch mit dem Pranger bestraft wurde, ist für die als Wladimiro Guadagno im armen Apulien geborene Aktivistin Vladimir Luxuria ein politisches Statement und lateinischer Teil des öffentlichen Namens.

Das Schwenken einer Regenbogenfahne auf dem Olympiagelände im russischen Sotschi reichte aus, um die Lustlosigkeit der russischen Behörden auf die Probe zu stellen. Der 48-jährige Transgender wurde schneller festgenommen, als er "Wollust" sagen konnte, und kam erst nach einigen Stunden unsanfter Behandlung wieder frei. "Alla faccia di Putin!" - "Da hast du es, Putin!" - kommentierte Luxuria auf Twitter Russlands homophobe Gesetzgebung.

Angriffe und Schlagfertigkeit

Luxuria hat Erfahrung mit beleidigenden Angriffen und deren Abwehr: 2006 zog sie für zwei Jahre als erste bekennende Transgender-Politikerin Europas in das italienische Parlament ein. Schon ihre Kandidatur für die altkommunistische Partei Rifondazione Comunista brachte so manche KollegInnen aus dem Gleichgewicht: Vertreter der Alleanza Nazionale bewarfen Luxuria mit Fenchelzweigen (im Italienischen gleichbedeutend mit "Schwuchtel"), und Alessandra Mussolini brüstete sich im Fernsehen mit dem Statement, ein Faschist sei ihr immer noch lieber als ein Schwuler.

Wenig überraschend konnte sich auch Silvio Berlusconi mit vulgären Andeutungen nicht zurückhalten, was Luxuria mit folgenden Worten parierte: "Herr Ministerpräsident, wir tragen beide hohe Schuhe und schminken uns, wenn wir ausgehen."

Bis zu so viel Schlagfertigkeit war es ein langer Weg für die Künstlerin, die früher als Dragqueen auftrat, ihr Geld als Prostituierte verdiente und Literaturwissenschaften studiert hat.

Anerkennung des Vaters kam erst mit Erfolg

Sie habe sich schrecklich vor den Fernsehauftritten als Politikerin gefürchtet, vor allem vor wirtschaftlichen Fragen, verriet sie in Interviews. Ihr Vater habe sich zeitlebens für sie geschämt und sie erst mit dem politischen Erfolg als den Menschen lieben gelernt, der sie sei.

Luxuria, die sich einst in das Priesteramt flüchten wollte, bezeichnet sich heute selbst als Transgender, als "übergeschlechtlich". Hormone haben ihren Körper weiblich geformt, den männlichen Vornamen trägt sie weiterhin mit Stolz. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 18.2.2014)