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Europaweite Proteste gegen Russlands Gesetzgebung begleiten die diesjährigen Winterspiele in Sotschi.

Foto: APA/epa/FLORIAN SCHUH

Wien - Im Vorfeld der Olympischen Spiele wurde Russland von der EU und der internationalen Staatengemeinde wegen seiner homophoben Gesetzgebung kritisiert. Doch homophobe Übergriffe sind auch jenseits von Russland keine Seltenheit. Eine Podiumsdiskussion am Wiener Renner Institut am Montagabend kam zur Erkenntnis, dass auch in Österreich und anderen EU-Staaten schwule, lesbische, bisexuelle und transgender Personen (LGBT) oft mit Anfeindungen und Diskriminierungen zu kämpfen haben.

Eine Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) liefert dazu eindrucksvolle Daten. Demnach würden 60 Prozent der befragten Personen aus Angst vor homophoben Attacken auf der Straße nicht Händchen halten. Besonders hoch sei der Wert, mit einem Drittel der Befragten, bei homosexuellen Männern, erklärte FRA-Direktor, Morten Kjaerum.

Kein Vertrauen in System und Gerichtsbarkeit

Ingrid Nikolay-Leitner, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, berichtete etwa von einem schwulen Paar, dass einer Therme verwiesen wurde, weil es sich geküsst hatte. Viele Betroffene meldeten solche Diskriminierungen nicht, weiß Angela Schwarz von der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen. Sie hätten kein Vertrauen in das System, auch nicht in die Gerichtsbarkeit. Viele hätten sich an die Diskriminierungen schon gewöhnt und seien gewissermaßen schicksalsergeben, oder würden sich vor einem Outing vor diversen Instanzen fürchten.

"Österreich ist eine wertkonservative Gesellschaft", konstatierte Frauen- und Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Daran seien Versuche, Antidiskriminierungsgesetze auch außerhalb des Arbeitsrechtes zu etablieren, bisher gescheitert. Sie wolle in Zukunft vermehrt in der Schule über Homosexualität aufklären. So sollen einerseits homosexuellen Jugendlichen eventuelle Ängste vor einem Outing genommen werden und andererseits ein Boden für Toleranz geschaffen werden.

Auswirkungen für Entwicklungszusammenarbeit

Auch ein Gespräch mit Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte die Ministerin an. "Österreich muss sich sehr genau überlegen, ob es Gelder der Entwicklungszusammenarbeit in Länder schickt, wo auf Homosexualität die Todesstrafe steht", betonte Heinisch-Hosek.

Bastiaan Winkel, Koordinator des LGBT-Projektes des Europarates, lud die Ministerin ein, sich an einem Projekt der Staatenorganisation zu beteiligen. Dieses fußt auf einer Empfehlung des Europarates aus 2010 zur Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung oder Geschlechteridentität. Die Teilnahme an dem Projekt, das von Schulungen bis hin zur Einbettung in die nationale Gesetzgebung und der gemeinsamen Entwicklung eines langfristigen "action plan" reicht, ist freiwillig. Laut Winkel steht Österreich in der Umsetzung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung von LGBT-Personen derzeit an 15. Stelle von 49 Ländern. Er sei optimistisch, was Europa betrifft, es gebe aber keinen Anlass, sich auf die Schulter zu klopfen, so Winkel. (APA, 18.2.2014)