Winziger Höhlenbewohner mit fataler Vorliebe für Kalksteinhöhlen: die erst 1973 entdeckte Hummelfledermaus.

Foto: Georg Scattolin

Sie wurde bisher nur in Kalksteinhöhlen im Norden Thailands und in Myanmar gesichtet. Wahrscheinlich existieren auch nur mehr ein paar Tausend ihrer Art: Die Hummelfledermaus ist etwa zwei Gramm schwer und hat eine Kopf-Rumpf-Länge von zwei bis drei Zentimetern - ein Summen erzeugt ihr Flügelschlag allerdings nicht. Weil sie aber mit ihrer rüsselartigen Schnauze ausschaut wie ein weitschichtiger Verwandter des Hausschweins, nennt man sie auch Schweinsmaulfledermaus.

Der Wissenschafter Kitti Thonglongya glaubte Anfang der 1970er-Jahre angeblich kurzfristig, einen neuen Käfer entdeckt zu haben. Als Fledermaus ist das Tier aber noch viel außergewöhnlicher. Es ist nämlich die kleinste Verwandte in der Großfamilie, und den Titel des kleinsten Säugetiers weltweit teilt es sich mit der Etruskerspitzmaus. Craseonycteris thonglongyai, wie der Name der Art lautet, lebt in knapp über 40 Kalksteinhöhlen und hat unter den Fledermäusen keine unmittelbaren Verwandten. "Sie steht also innerhalb der rund tausend Fledermaus-Arten relativ isoliert da", sagt Frank Zachos, Leiter der Säugetiersammlung des Naturhistorischen Museums in Wien (NHM). Das Museum zeigt ab 25. 2. im Rahmen der Ausstellung "Das Geschäft mit dem Tod - das letzte Artensterben?"einen Totfund aus Thailand.

Rückgängige Bestände

Würde die Hummelfledermaus aussterben, dann wäre das für Zachos gerade so, als würde das Panzernashorn oder das Stachelschwein nicht mehr existieren. Craseonycteris thonglongyai sei deswegen in das Artenschutzprogramm für außergewöhnliche Säugetiere(EDGE) der Zoological Society of London aufgenommen worden, zu dem auch Blauwal, Pandabär und Menschenaffen gehören. Die International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) listet die Fledermaus ebenfalls als gefährdet. Die Bestände gingen nach Schätzungen in den vergangenen zehn bis 15 Jahren um mindestens 15 Prozent zurück.

Offensichtlich ist die Hummelfledermaus von Kalksteinhöhlen abhängig. Die Gründe dafür sind unbekannt. Sie verlässt diese Orte ausschließlich in der Morgen- oder Abenddämmerung, um Insekten und Spinnen mittels Echoortung zu jagen. Das zentrale Jagdgebiet sind nahe gelegene Bambuswälder. Während der übrigen Zeit bleibt das in Vierer- oder Fünfergruppen lebende, sehr gesellige Tier in der Höhle und muss beim Schlafen, um überleben zu können, den Stoffwechsel stark herunterfahren.

"Ansonsten würde es verhungern", sagt Zachos. Und ergänzt: "Die Abhängigkeit von diesem Habitat ist ein Grund für die Bedrohung. Würde die Hummelfledermaus auch anderswo leben können, wäre ihre Überlebenschance natürlich viel größer." Das Problem: Die Tiere werden in ihren Ruhephasen mehrfach gestört. Zum einen durch religiöse Zeremonien, die in den Höhlen mit Weihrauch abgehalten werden, zum anderen durch neugierige Touristen auf der Jagd nach Souvenirs.

In vielen Fällen wird der Kalkstein der Fledermausbehausungen auch abgebaut, um als Baumaterial verwendet zu werden. Oder die Baumbuswälder werden brandgerodet, weshalb auch die Speisekarte der Säugetiere plötzlich leer ist. "Immer ist der Mensch die Primärbedrohung", betont Zachos. Fressfeinde spielen keine Rolle.

Der World Wide Fund für Nature (WWF) hat im November 2011 eine Hummelfledermaus-Kolonie in einer Höhle im Nationalpark in Sai Yok entdeckt. Von ebendort kommt auch jener Totfund, der nun gezeigt wird und dem Tier zumindest bei Museumsbesuchern zu mehr Popularität verhelfen dürfte. (Peter Illetschko, DER STANDARD, 19.2.2014)