Nur wenige Stunden brauchte der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich, um im Fall Edathy zurückzutreten. Die deutschen Medien zeigten sich empört über die "lange Leitung" des Christlich-Sozialen. In Österreich war man dagegen milde erstaunt, wie schnell da einer die Konsequenz zog. Mehr noch: Die Forderung der Opposition nach einem Untersuchungsausschuss wird von der Koalition nicht blockiert. Shocking!

In Österreich dagegen, das tief im Hypo-Alpe-Adria-Sumpf steckt, erlebt man die absurde Situation, dass ein Finanzskandal, den die FPÖ verursacht hat, von SPÖ und ÖVP geradezu gedeckt wird: Der Bundeskanzler geht medial seit Wochen auf Tauchstation. Die Koalitionsparteien verweigern beharrlich die Bildung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses - der übrigens noch immer kein Minderheitenrecht ist. Eine einzige junge Abgeordnete der SPÖ tanzte aus der Reihe. Das sagt einiges über das Selbstverständnis der Volksvertreter.

Bezeichnend ist auch die Aussage von SPÖ-Klubchef Andreas Schieder, ihm sei nach der Sondersitzung die "Lust" auf die parlamentarische Untersuchung des Hypo-Desasters vergangen: "Lust" oder "Unlust" als demokratiepolitische Kategorie.

Wieder der Blick nach Deutschland: Weil die Opposition nach dem Wahldebakel der FDP nur mehr knapp 20 Prozent aller Abgeordneten stellt, überlegt man in Berlin, das Quorum für das Minderheitenrecht Untersuchungsausschuss zu senken. Diese Reformüberlegungen werden von Abgeordneten der Regierungsparteien unterstützt. Das zeigt, wie ernst man Volksvertretung nimmt.

Anderer Fall, ähnliche Geschichte: Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen feuerte innerhalb von zwei Monaten zwei Staatssekretäre und einen Abteilungsleiter, die hinter ihrem und dem Rücken des Bundestags Millionenaufträge für die Rüstungsindustrie genehmigt hatten. Alle Abgeordneten im Verteidigungsausschuss zeigten sich empört, auch jene der Koalitionsparteien - ein anderes Selbstverständnis der Volksvertreter.

Nun ist Deutschland nicht Musterschülerland: Christian Wulff, der Präsident mit guten Freunden, brauchte lange, um zu verstehen und zu gehen. Der jetzt geschasste Staatssekretär im Verteidigungsressort, Stéphane Beemelmans, galt schon bei der Affäre um die Euro-Hawk-Drohne als rücktrittsreif, doch der damalige Minister Thomas de Maizière hielt seine schützende Hand über ihn. Der des Plagiierens überführte Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg brauchte lange, um Konsequenzen zu ziehen. Die ebenfalls des Plagiierens verdächtigte Ex-Bildungsministerin Annette Schavan ist weich gelandet - sie soll Botschafterin im Vatikan werden.

Dennoch, was in Deutschland eher die Ausnahme ist, ist in Österreich die Regel: Mauern, Leugnen, Verzögern - und am besten: Abstreiten. Rücktrittskultur gibt es nicht. So erfreut sich der Kärntner Ex-Landeshauptmann Dörfler, für das Hypo-Desaster maßgeblich politisch mitverantwortlich, eines gut gepolsterten Bundesratsmandats.

Auch die Zögerlichkeit, mit der die Regierung die Causa Hypo bearbeitet, kann als "landesüblich" gelten. Beim Salzburger Finanzdebakel dauerte es ein halbes Jahr vom Rechnungshofbericht bis zur politischen Generalbeichte des zuständigen Landesrats.

Für das Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaat ist das "Landesübliche" lange schon ein Übel. (Petra Stuiber, DER STANDARD, 21.2.2014)