Der schwarze Sonntag nach dem goldenen Samstag: Der Dopingfall Johannes Dürr nach einem der erfolgreichsten Tage in der olympischen Geschichte Österreichs schreit förmlich nach Konsequenzen. Derart laut schreit er nach Konsequenzen, dass es gar keine schlechte Idee ist, sich zunächst einmal die Ohren zuzuhalten, zunächst einmal nur zu hinterfragen, ohne gleich alles infrage zu stellen.

Tatsache ist, dass im Gegensatz zum Skandal bei den Winterspielen 2006 in Turin nicht bloß ein für Sperren ausreichender begründeter Dopingverdacht besteht, sondern ein österreichischer Ski-Ausdauersportler des Dopings überführt wurde.

Tatsache ist, dass der Fall Dürr der bisher weitaus schwerwiegendste der Spiele von Sotschi ist. Irrtümliches Epo-Doping gibt es nicht. Das hat eine andere Qualität als der unwissentliche, ja selbst als der wissentliche Einsatz verunreinigter Nahrungsergänzungsmittel. Die Strafen, die Dürr schon ereilt haben (u. a. Ausschluss aus dem Skiverband) und noch drohen  - Sperre, Ergebnisverlust, Vernichtung der sportlichen Existenz, eventuell sogar eine Anklage wegen Betrugs  – sind nicht weniger schlimm als der persönliche Preis, den der Niederösterreicher und dessen Familie zu zahlen haben werden.

Dürrs Aufgabe ist es jetzt, seinem sofortigen Geständnis jede nur erdenkliche Mitarbeit bei der restlosen Aufklärung folgen zu lassen. Derjenige oder diejenigen, die ihn mit den Dopingmitteln versorgt haben, sind dingfest zu machen. Innerhalb des Skiverbandes hat zunächst der zuständige Sportdirektor Verantwortung zu tragen.

Markus Gandler wie schon nach den Ereignissen von Turin Mitwisserschaft zu unterstellen verbietet sich. Dafür gibt es keinerlei Indizien. Zurücktreten muss der Kitzbüheler dennoch. Zwar fühlt sich Gandler von Dürr ebenfalls betrogen, jedoch der Vorwurf, dass gerade er als ehemaliger Weltklasselangläufer der Leistungsentwicklung des Hoffnungsträgers misstrauisch gegenüberstehen hätte müssen, ist Gandler nicht zu ersparen. Diesen Vorwurf kann sich aber auch jeder interessierte Laie machen. Dürrs Geschichte war zu schön, um wahr zu sein. (Sigi Lützow, derStandard.at, 23.2.2014)