Kreative Buchführung, intransparente Loch-auf-Loch-zu-Taktik, Budgetloch, Schuld(en)zuweisungen, Krise, Geheimwissenschaften Burgtheater-Rechnungswesen: Wirklich Neues lässt sich aus dem nun in voller Länge vorliegenden forensischen Bericht über das Finanzgebaren am Burgtheater nicht herauslesen. Was allerdings als Beilage zum bitteren Hauptgericht fehlt, sind kulturpolitische Schlüsse, die der dafür zuständige Minister Josef Ostermayer ehebaldigst ziehen sollte.

Etwa: Sollte man die Burg-Direktion künftig als gleichberechtigtes Zweiergespann installieren, sprich: den künstlerischen Direktor von den kaufmännischen Agenden entbinden? Das brächte klare Verantwortlichkeiten, nachvollziehbare Zuständigkeiten und Matthias Hartmann einen Zeitvorteil, den er zugunsten vertrauensbildender Ensemble-Informationspflege nutzen könnte.

Oder, noch viel dringlicher: Ist die Bundestheater-Holding tatsächlich jene valide Kontrollinstitution, die sie sein sollte? Konzernchef Georg Springer beschreibt die Holding-Aufgaben als vielfältig, neben Verwaltungs- und Bauangelegenheiten seien es "finanzielles Controlling, juristische Beratung, Verhandeln und Abschließen von Kollektivverträgen ... Wichtige Aufgaben, die den Häusern abgenommen werden, um ihnen die Freiheit zu geben, sich auf ihre Funktion als Kunstvermittler zu konzentrieren." Schön. Hat jetzt aber nicht so ganz funktioniert, wie es scheint – und wie Georg Springer auch zugegeben hat.

Oder, ganz wichtig: Ob es nicht viel mehr als nur sehr schiefe Optik ist, wenn der Bundestheater-General gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender des Burgtheaters ist, sich also quasi in der einen oder anderen Funktion selbst kontrolliert, beziehungsweise kontrolliert, ob er denn auch anständig kontrolliert hat? Als Aufsichtsratsvorsitzender informiert er den Minister und hat nun ein weiteres Kontrollgutachten in Auftrag gegeben.

Das erinnert an die personelle Besetzung bei den Salzburger Osterfestspielen: Da war Landeshauptfrau Gabi Burgstaller in prestigeträchtigen Nebenjobs unter anderem Kuratoriumsvorsitzende der Salzburger Festspiele und lange Zeit geschäftsführende Präsidentin der Karajan-Osterfestspiel-Stiftung, deren erste Kontrollinstanz sie qua ihres Landeshauptfrauamtes auch gewesen sein hätte sollen. Auch Frau Burgstaller las die sehr aussagekräftigen und haarsträubenden Jahresabschlüsse der Osterfestspiel-GmbH offenbar nicht. Oder durchblickte sie nicht.

Nun prüft im Burgtheater der Aufsichtsrat, ob die Holding etwas hätte merken müssen. Oder die Holding prüft, ob der Aufsichtsrat geschlampt hat? Spätestens jetzt wäre nicht der Hausverstand, sondern politisches Handeln des Kulturministers wünschenswert. (Andrea Schurian, derStandard.at, 4.3.2014)