Ein lichtes Zentrum saugt den Blick des Betrachters in die Tiefe: "o. T., MK11" von Rudolfine Rossmann.

Foto: Rossmann

Wien - Der Nebel und die dunstige Luft zur Monsunzeit in Indien sind Rudolfine P. Rossmann deutlich im Gedächtnis geblieben. Eine bildliche Erinnerung, die - wie so oft - Spuren auf ihren Leinwänden hinterlassen hat. Lasierende Farbschichten von Lichtgrau bis Silber, von Türkis- über Preußischblau bis Gewittergrau liegen auf den Leinwänden unterschiedlichsten Formats. Darüber: ein Netz aus Rinnsalen, die dem Betrachter - verstärkt durch diagonale "Fluchtlinien" - räumliche Strukturen vorflunkern.

Es sind die Reisen und Arbeitsaufenthalte, die Anstoß für neue Werkserien der Künstlerin (geb. 1958 in Klagenfurt) geben. Zuletzt war es eine Indienreise, die der Ausstellung in der Galerie Artmark auch den Titel gab: Monsoon. Waren frühere Arbeiten auch im Titel von Farbstimmungen und Orten geprägt, tragen die überwiegend 2013 entstandenen Arbeiten selbst jedoch keine Titel. So können die teils sphärischen Oberflächen Bilder und Qualitäten geografisch ganz anderer Landstriche in Erinnerung rufen - oder sogar komplett andere Assoziationen wecken.

Insbesondere die pastelligen, fast durchscheinenden Eitempera-Bilder lassen an zerfetzte Gewebe, an zerschlissene Textilien denken. Aber ebenso drängt sich der Eindruck übereinanderliegender Skizzen oder verwaschener Architekturentwürfe auf, bei denen sich nur wenige Striche erhalten haben. Ähneln die Farben jenen der Natur, wirkt das bisweilen wie ein Zoom hinein in Borke, Rinde oder Pflanzenfasern.

Die Gitterstrukturen in den Bildern der Malerin folgen keiner strengen Ordnung; Schrägen und rhythmisch unterbrochene Linien können die Komposition aber auch nicht ins Chaotische kippen: Es besteht eine merkwürdige Balance zwischen Ordnung und Unordnung.

Das erinnert an die kontrolliert-unkontrollierte Herstellung dieses Erscheinungsbildes: So sind doch die Farbadern nicht allein Resultat eines gestischen Aktes, sondern eines kalkulierten Prozesses: Die auf die Bildfläche gegossene Farbe wird durch das Anheben der Leinwand gesteuert. Aber freilich hat die Farbe in ihrer flüssigen Konsistenz auch eine Eigendynamik - einen Eigensinn der Farbe. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 6.3.2014)