Wien - Eigentlich wollten die Limnologen der Uni Wien die Verbreitung von Fischlarven untersuchen. Als sie die dafür in die Donau zwischen Wien und Bratislava eingebrachten Netze leerten, fanden sich aber deutlich mehr Kunststoff-Abfälle als Jungfische in den Behältern. Eine Hochrechnung zeigte, dass die Donau täglich 4,2 Tonnen Plastikmüll ins Schwarze Meer spült, berichten sie aktuell im Fachjournal "Environmental Pollution".

Die Wissenschafter des Departments für Limnologie und Ozeanographie der Universität Wien haben in den Jahren 2010 und 2012 mit trichterförmigen Netzen an unterschiedlichen Stellen in Ufernähe der Donau Proben genommen. In nahezu allen fanden sie neben Fischlarven auch mit freiem Auge sichtbare Plastikteile in erheblichem Umfang.

Die Forscher rechneten daraufhin hoch, wie viel Plastik im gesamten Strom transportiert wird. Demnach transportiert die Donau zwischen Wien und Bratislava im Schnitt 317 Plastikpartikel (4,8 Gramm) und 275 Fischlarven (3,2 Gramm) pro 1.000 Kubikmeter Wasser. Geht man davon aus, dass in der Strommitte durch die dort herrschende stärkere Strömung der Anteil an Kunststoffpartikeln höher ist, müsste man die Zahl aber insgesamt weiter nach oben korrigieren, berichtet der Biologe Hubert Keckeis.

79 Prozent industrielles Rohmaterial

Unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl, der Einzugsgebiete und der Durchflussmenge rechneten die Wissenschafter die Menge der Plastikfracht auf die gesamten knapp 2.900 Fließkilometer der Donau hoch. Demnach spült der Fluß täglich 4,2 Tonnen Plastikmüll ins Schwarze Meer. Jährlich wären das 1.533 Tonnen - mehr als das geschätzte Gewicht des riesigen, durch Meeresströmungen zusammengeballten schwimmenden Plastikteppichs im Nordatlantik, so Keckeis.

Bemerkenswert ist, dass es sich bei einem Großteil (79 Prozent) der in den Proben gefundenen Plastikpartikel um industrielles Rohmaterial handelt, etwa Pellets und Flakes. Der Rest bestand aus anderen, nicht näher zuordenbaren Teilen, die wahrscheinlich auf kommunalen Abfall zurückgehen.

Noch unklar sei der Anteil noch kleinerer Partikel bis in den Nanobereich, die von den Netzen mit einer Maschenweite von einem halben Millimeter nicht erfasst wurden. "Hier besteht noch großer Forschungsbedarf über die Größe dieses Anteils und was er bewirken kann", so Keckeis. Die zunehmende Belastung mit Plastikmüll wurde bisher fast ausschließlich in den Meeren untersucht. Doch die Konsequenzen der Anreicherung des Kunststoffs in den marinen Systemen sind auch in Flüssen zu befürchten. 

Ökologische Gefahr

"Wenn die Dichte von potenziellen Nahrungspartikeln in der Umwelt eine bestimmte Grenze überschreitet, werden diese bevorzugt als Beute aufgenommen - Plastik hat so einen kritischen Wert erreicht", sagt Keckeis. Zudem würden etwa Pellets Fischeiern - einer begehrten Proteinquelle - sehr ähnlich sehen.

Nehmen Fische diese Partikel auf, können die Folgen, etwa durch ein fälschliches Sättigungsgefühl, mechanische Verstopfung und Verletzung des Darmtraktes, bis zum Tod führen. Vieles weist auch darauf hin, dass die Aufnahme von Plastikpartikeln zu einer Akkumulation gesundheitsschädlicher löslicher Zusatzstoffe wie Phthalaten oder Bisphenol A in der Nahrungskette führen kann. (APA, 6.3.2014)