Microsoft-Chef Georg Obermeier, WU-Vizerektorin Regina Prehofer und der Geschäftsführer des Zukunftsinstituts, Harry Gatterer, in Diskussion mit Moderatorin Karin Bauer zu neuen Arbeitswelten.

Foto: Regine Hendrich

Neue Arbeitswelten: Das ist nicht nur neue Architektur, Mobilität vom Schreibtischwechsel über Loungeräume bis zum Arbeiten von zu Hause aus. Das Thema ist komplexer als bloß Technologie und Architektur. So weit die gemeinsame Ausgangsbasis beim "Expertenclub" des BFI im Wiener Tech Gate am Faschingsdienstag.

Die Segnungen des flexiblen Wo, Wie und Wann des Arbeitens stoßen nicht nur auf arbeitsrechtliche Probleme, sie lassen sich auch nicht auf alle Branchen und Tätigkeiten gleichermaßen übertragen, sind sich die Diskutanten einig. Auch an den ausschließlich hehren Motiven der Arbeitgeber, die solche neuen Spielräume auftun, wird gezweifelt: Geht es nicht doch manchmal um Einsparen von Bürofläche? Kommt man mit neuen, flexiblen Angeboten wirklich nur den Jungen entgegen, die neue Ansprüche an die Vereinbarkeit von Privatleben und Job haben? Und: Was passiert mit den Älteren, die das vielleicht gar nicht wollen, mit denen, die Kollegialität auch als tatsächliche gemeinsame Anwesenheit verstehen?

Zukunftsforscher Harry Gatterer schürt da viel Hoffnung: In der überbeschleunigten Organisation werde Erfahrungswissen, das, was die zunehmend fragmentierten Tätigkeiten zusammenhalten kann, wichtiger. Aus seiner Sicht herrsche zu viel nichtkontextuiertes Wissen, werde die viel gelobte neue Vertrauenskultur in der neuen Welt des Arbeitens ja doch in den Rahmen alter Kontrolle gesetzt.

Wann Unternehmen mit ihrem "Jugendwahn" großflächiger aufhören werden - da mag er sich aber nicht festlegen. Dennoch klar: Es bedürfe einer Gegenkraft der Langsamkeit.

Mitkönnen oder rausfallen?

Denn es sei unbestritten: Der Druck auf die Selbstorganisation, das Selbstmanagement, darauf, sich relevant zu halten, steige. Nicht nur für Führungskräfte. Für Gatterer ein Ergebnis gesamtgesellschaftlicher Veränderung.

Dass individuelle Gestaltung des Arbeitens nicht alleiniger Wunsch der Jungen sei, belegte die Vizerektorin der WU Wien, Regina Prehofer, anhand von vielen Umfragen unter Studierenden: Zwar erscheint da eine postmaterialistische Haltung (Geld findet sich nicht auf den Top-Plätzen wieder). Aber "Betriebsklima" und auch Sicherheit werden für den künftigen Job als ganz zentrale Wunschkriterien genannt.

Jeder für sich, wie er glaubt - das reicht als gemeinsamer Wert also offenbar nicht. Dem widerspricht auch Georg Obermeier, Geschäftsführer der Microsoft in Österreich nicht. Mehr als 9000 Unternehmensentscheider haben sich die neuen Büros von Microsoft am Wienerberg bereits angesehen, das radikale Abgehen von fixen Arbeitsplätzen dort bestaunt. Man habe den Bedürfnissen der Mitarbeiter gemäß die Architektur gestaltet, so Obermeier. Natürlich folge Kultur nicht notgedrungen einer neuen Architektur.

Die Frage sei immer, welche Arbeitszeitmodelle für wen warum sinnvoll seien. Prehofer schließt den Kreis zum Motivationsthema: Das sei für sie eine gesamtgesellschaftliche Frage. Warum engagieren sich Menschen wofür? Da ist sie auch bei gesamtgesellschaftlichen Reformen und wünscht sich einen Schwung ins Positive: "Reform" gelte derzeit (leider) als bedrohliches Unwort.

Dass vieles für notwendige Veränderungen und Verbesserungen an mehr Kraft und Ressource für Bildung und lebensbegleitendes Lernen hänge, das wurde auch im 100-köpfigen Auditorium von Personalisten und Weiterbildungsverantwortlichen heftig unterstrichen.

Bestimmt ein Wohlklang in den Ohren der Gastgeber, der BFI-Geschäftsführer Valerie Höllinger und Franz-Josef Lackinger. (red, DER STANDARD, 8./9.3.2014)