Als Burkhard Stangl im Jahr 2003 in der Londoner Tate Gallery zum ersten Mal die Gemälde von William Turner (1775-1851) betrachtete, war ihm klar, dass er versuchen musste, der rätselhaften Stille musikalisch nahezukommen. "Es sind Bilder, die nur aus Luft, Wasser, Sonne, Licht bestehen. Natürlich gab ihnen Turner, um sie damals überhaupt ausstellen zu können, Titel wie 'Sea Monster' oder 'Sunset'. In Wirklichkeit aber sind das einfach Farbflächen aus Licht und Farben", so Burkhard Stangl über die Bilder Turners, des Romantikers, der als Vorreiter für Impressionismus und Abstraktion gilt.

Nach zehn Jahren "Inkubationszeit" legt der Wiener Gitarrist und Komponist nun die berückende Solo-CD Unfinished. For William Turner, Painter vor. Zu vernehmen sind lyrische Tableaus von bis zu 33 Minuten Dauer, in denen Post-Rock-Gitarren-Akkorde und Field-Recordings entschleunigte, Ambient-inspirierte Assoziationsräume zum Tagträumen schaffen. "Ich habe nicht vorgehabt, die Arbeiten Turners zu vertonen. Ich wollte versuchen, die Atmosphäre, die die Bilder in mir auslösen, in Musik zu übersetzen", so der 53-jährige Stangl, der in Bezug auf das Resultat von einer "enthusiastischen Poesie der Leisigkeit" spricht.

Heute, Mittwoch, präsentiert er diese zugänglichste und berührendste unter seinen Arbeiten im Echoraum, Billy Roisz entwickelt dazu Live-Visuals. (felb, DER STANDARD, 12.3.2014)