Die Zähne der neu entdeckten Urkarpfenart.

Foto: Senckenberg

Tübingen - Die ursprünglich aus China stammenden und heute auch in manchen europäischen Gewässern vorkommenden Marmorkarpfen (Hypophthalmichthys nobilis) sind stattliche Vertreter der Karpfenfische: Bis zu eineinhalb Meter lang können sie werden und ein Gewicht von bis zu 50 Kilogramm erreichen.

Ihre evolutionären Anfänge hingegen waren eher bescheiden, wie das Senckenberg-Forschungsinstitut in Tübingen berichtet: Bei Ausgrabungen im vietnamesischen Braunkohle-Tagebau Na Duong entdeckte ein Tübinger Forschungsteam Fossilien des weltweit ältesten bekannten Marmorkarpfens. Und der war gerade mal fünf Zentimeter lang.

Zeitfenster ins Eozän: Das "asiatische Messel"

Seit 2008 erforscht ein internationales Team um Madelaine Böhme vom Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment in Vietnam urzeitliche Ökosysteme. Dabei sind die Wissenschafter zuletzt auf ca. 37 Millionen Jahre alte Ablagerungen des RhinChua-Sees aus dem späten Eozän gestoßen. Die im Süßwasser abgelagerten Sedimente sind so reich an fossilen Überresten von Tieren und Pflanzen, dass sie in Anlehnung an die berühmte Grube Messel in Hessen auch als "asiatisches Messel" bezeichnet werden.

Bei den Untersuchungen entdeckten die Forscher auch Zähne einer völlig neuen Spezies: Der bisher älteste bekannte Marmorkarpfen, Planktophaga minuta, ist den Forschern zufolge ein Vertreter der ostasiatischen Gruppe von Leuciscinae (Weißfische) und muss in eine eigene Gattung gestellt werden. Mit einer Länge von etwa fünf Zentimetern ist er zugleich der kleinste fossile Vertreter der ostasiatischen Tiergruppe - und erst recht ein Winzling im Vergleich zu den Marmorkarpfen der Gegenwart.

Neben Planktophaga minuta sind sechs weitere Karpfenarten im RhinChua-See identifiziert worden und belegen die evolutionäre Entwicklung dieser Tiergruppe. Sie alle haben heute noch lebende Verwandte, die nach wie vor im Pearl- und Yangtse-Flusssystem Chinas heimisch sind. (red, derStandard.at, 12.3.2014)