Coverfoto: modernsoul/Ministry of Sound

"Und jede Sekunde im Takt der Musik
spür ich die Spannung steigt ..."

Das ist jetzt gewissermaßen eine gegabelte Rezension:

Nach links geht es für alle, die 2raumwohnung, die Quarks oder auch – um die Berliner In-Zucht einmal zu verlassen – Goldfrapp und Ladytron schätzen. Diese CD ist wie gemacht für euch.

Nach rechts bitten wir diejenigen, die den Elektro-Pop der letzten Jahre ganz und gar nicht verknusen können: Langweilige CD! Uninteressante Rezension! --> Hier geht's zurück zur Kulturseite (da stehen derzeit genügend andere hübsche Geschichten).

Muss man es rechtfertigen, wenn das Elektronikpop-Segment um einen weiteren Namen ergänzt wird? Immerhin: Es gibt auslaugender beackerte Felder, den Rock der "the"-Bands etwa. Und letztlich kommt es ohnehin nur darauf an, ob eine Band Songs schreiben kann oder nicht. Das Trio Suzie Kerstgens, Sten Servaes und Tom Deininger hat damit keine Probleme: "Unverwundbar" präsentiert sich als 15-stellige Kette knalliger kleiner Pop-Perlen. 15 wegen Hidden Track, schon wieder.

Sommer + Synth

Wenn Klee etwas von ihren deutschen KollegInnen unterscheidet, dann der Umstand, dass man sich für Paula, 2raumwohnung und Co auf den harmlosen Begriff "Elektro-Pop" zurück gezogen hat, während Klee durchaus das geschichtsüberladene 80er-Prädikat "Synthie-Pop" verdienten: immerhin baden die drei förmlich in elektronischen Fluten.

Dass dabei trotzdem keine Schwarzkittel-Assoziationen wach werden können, liegt am durchwegs hohen Tempo der Songs, der Luftigkeit des Sounds und herzlich naiven Texten: Was für ein schöner Tag, viel zu schön eigentlich oder an diesem Junitag im Mai – so in etwa geht das dahin. Depression? Nö. Das schmeckt nach S.O.M.M.E.R! (Und zwar die Sommer von früher, mit Wärme, Licht und leichten Brisen – ohne Brände, Dauerschweiß und Hitzetote ...).

Es ward Pop

In "Lichtstrahl", der aktuellen Single, verschmilzt dann alles von den genannten Referenzen über 80er-Sound à la Humpe-Schwestern bis zu Air und Stereolab in ihrer Elektro-Psychedelia-Phase zu purem Bombast. Was für ein Refrain! Schade eigentlich, dass Kraftwerk auf ihrem Comeback-Album so zurückhaltend dahinfimpeln und nicht die eine oder andere Holzhammer-Nummer wie diese eingestreut haben.

Ähnlich wuchtig das mit Gitarren aufgeraute "Nicht immer aber jetzt" oder der Titelsong "Unverwundbar". Am anderen Ende des Spektrums schimmern die wenigen langsamen Stücke ("Über mir die Sterne", "Ich lebe"), mit Bläsersätzen auf nett gekämmt. Wenig Neues bietet dafür die Coverversion von Spliffs NDW-Hit "Heut Nacht" – das haben Rosenstolz schon vor vier Jahren gemacht, und das Ergebnis klang ziemlich ähnlich.

Klee im Umfeld

Dass Klee die Vergleiche mit den Berliner Pop-Größen keineswegs stören, ist erfreulich ehrlich (verglichen etwa mit Mia, die ja ihrer Meinung nach üüüüüberhaupt nicht nach Ideal klingen). Zu ihrer Gelassenheit trägt bei, dass sie dem Hauptstadt-Hype ohnehin nicht einverleibt werden können – immerhin hat die Band ihren Sitz in Köln.

Außerdem reicht die Geschichte der drei schon deutlich weiter zurück: Tom und Sten arbeiten schon lange zusammen, produzierten etwa die letzten beiden Alben der großen Flowerpornoes. Mit Suzie gründeten sie 1996 eine erste gemeinsame Band: "Rallye", damals noch ganz dem Gitarren-Pop verpflichtet. Nach mehrjähriger Pause erfanden sie sich dann 2001 unter dem jetzigen Namen und mit verändertem Sound neu: Klee war geboren. Von der 2002er Debütsingle "Erinner dich" bis zum Longplayer war aber immer noch ein weiter Weg zurückzulegen.

Hat er sich gelohnt? Für alle Linksabbieger gewiss. Ziemlich großartige Platte, eigentlich.

"Und wie ein Lichtstrahl tauch ich nach oben
weißer als weiß ins Licht."
(Josefson)