Andreas Wabl: "Politik, ohne dass man sich mit denen auseinander setzt, die konträre Meinungen vertreten, ändert nichts."

Foto: Standard/Rudolf Semotan
Wien/Graz - Der ehemalige Klubobmann und Abgeordnete der Grünen, Andreas Wabl, war vergangene Woche Gastgeber eines rot-grünen Spitzentreffens in der Steiermark, bei dem SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer und Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ihre Differenzen bezüglich der "Spargel-Koalition" mit Jörg Haider diskutierten. Der Grüne Wabl, der nun eine Landwirtschaft im steirischen Großklein betreibt, äußert bedingtes Verständnis für einen Dialog mit Haider, dem er 1996 im Parlament noch den Stinkefinger gezeigt hat.

Wabl: "Man muss sehr gut überlegen, mit wem man Verantwortung übernimmt, etwa in einer Regierung. Aber in der Politik muss zwingend mit allen geredet werden. Es ist ja relativ einfach, mit denen, mit denen man gut kann, Dinge durchzusetzen. Aber die Schwierigkeiten in der Politik bestehen doch meist darin, dass die Menschen nicht miteinander reden können."

Die Kunst sei es daher, auch mit Personen wie Jörg Haider zu reden, meint Wabl und gibt damit indirekt SPÖ-Chef Gusenbauer Recht. "Jörg Haider ist ein Politiker, und er ist Landeshauptmann. Wenn man es für notwendig erachtet, sich mit ihm auseinander zu setzen, sollte man das tun - wenn es nicht ausschließlich zu seiner Aufwertung führt. Politik, ohne dass man sich mit denen auseinander setzt, die vollkommen konträre und oft auch schädliche Meinungen in ganz bestimmten Positionen vertreten, würde auf der Welt nichts ändern."

Dass sich nun Grüne und SPÖ wegen der roten Annäherung an Haider in den Haaren liegen, ist für Wabl ganz normal. "Über Haider haben wir immer schon diskutiert. Solche Auseinandersetzungen müssen geführt werden. Und dass Rote und Grüne da jetzt eine Auseinandersetzung haben, ist ja nur natürlich, sonst wären sie ja nur eine Partei."

Wie groß die Wahrscheinlichkeiten eines fliegenden Wechsels der ÖVP zu den Grünen sind, will Wabl nicht beurteilen, meint aber: "Ich finde es vernünftig, mit der ÖVP zu reden. Nach der Wahl habe ich dafür geworben, dass es schwarz-grüne Verhandlungen gibt. Die politische Realität ist, dass es ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grüne gibt. Und hier ist es notwendig, je nach Mehrheitsverhältnissen, mit allen auszuloten, welche Möglichkeiten es gibt, um in der Sache voranzukommen." (völ/DER STANDARD, Printausgabe, 19.8.2003)