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Foto: APA/Gindl

Salzburg/Wien - Die Vorwürfe der organisierten Vorzugsstimmen bei der Gemeinderatswahl in Salzburg entfachen erneut die Debatte über die Manipulationsanfälligkeit der Briefwahl. Mit der Briefwahl gehe eine massive Gefährdung des geheimen Wahlrechts einher, warnt der Wiener Verfassungsjurist Heinz Mayer und bezeichnet sie als "Einfallspforte zur Wahlmanipulation".

Der Stimmberechtigte müsse bei der Briefwahl das geheime Wahlrecht selbst schützen, die Wahlkarte selbst ausfüllen und verschließen, erläutert Mayer. Wie die Vorwürfe in Salzburg zeigen, könne dies nicht kontrolliert werden. Weshalb der Jurist dafür plädiert, die Briefwahl auf das Notwendigste - also auf Auslandsösterreicher - zu beschränken.

Wie der STANDARD berichtete, ist der türkischstämmige SPÖ-Kandidat Osman Günes dem Vorwurf ausgesetzt, seine Helfer hätten systematisch Wahlkarten für türkischstämmige Wahlberechtigte angefordert und sie mit ihnen gemeinsam ausgefüllt. Er dementierte. Günes erhielt 1213 Vorzugsstimmen, 820 davon entfallen auf Wahlkarten. In zwei Wahlurnen häuften sich die roten Vorzugsstimmen: Während bei den Briefwahlstimmen durchschnittlich jede dritte mit einer Vorzugsstimme versehen war, lag der Anteil in Urne 3 bei 62 Prozent und in Urne 4 bei 80 Prozent.

Wahlbehörde sieht keine Grund einzugreifen

In der Stadt Salzburg sieht indes die Gemeindewahlbehörde keinen Grund, den Anschuldigungen nachzugehen. Von der angekündigten Anzeige des ehemaligen Team-Stronach-Kandidaten Yilmaz Toyran wisse man bisher nur aus den Medien. Werde sie tatsächlich eingebracht, würde man weitersehen. Ein Antrag von ÖVP-Klubobmann Christian Fuchs, den Wahlakt zu öffnen, wurde bisher nicht beantwortet.

Nicht zu Unrecht, wie Mayer erläutert, denn: Die Öffnung des Wahlaktes könne nur mit einer Anfechtung der Wahl einhergehen. Dafür brauche es aber Beweise und Belege für Ungereimtheiten, die oftmals schwer zu sammeln sind. "Der Verfassungsgerichtshof hebt nur dann auf, wenn die Rechtswidrigkeit Einfluss auf Wahlergebnis hat", sagt der Verfassungsexperte.

Geringe Abweichungen beeinflussten Ergebnis

In Salzburg hätten schon geringe Abweichungen das Ergebnis beeinflusst: Die FPÖ etwa musste den dritten Platz wegen sechs Stimmen an die Neos abgeben und versäumte somit auch einen Sitz im Stadtrat. Die KPÖ hat den Einzug in den Gemeinderat nur um 54 Stimmen verfehlt.

FPÖ und KPÖ haben bereits erklärt, nicht zu beabsichtigen, die Wahl anzufechten. Und auch für Fuchs ist die Anfechtung der "extremste Fall", den er jetzt schon beinahe ausschließen könne. Mayers Schlussfolgerung: "Dann haben wir ein möglicherweise rechtswidriges, verfälschtes Wahlergebnis, das wirksam ist." (Stefanie Ruep, DER STANDARD, 19.3.2014)