Eine Studie des Publizistikinstituts der Universität Wien hat das Twitter-Verhalten von Abgeordneten des Europäischen Parlaments analysiert. Politiker, Aktivisten, Lobbyisten und Experten benutzen den Microblogging-Dienst demnach hauptsächlich dazu, Informationen auszutauschen und an tagespolitischen Diskussionen teilzuhaben.

Im Wahlkampf zur EU-Wahl am 25. Mai werde Twitter jedenfalls eine wesentliche Rolle spielen, erwarten die Studienautoren Axel Maireder und Stephan Schlögl.

Informationsflüsse zwischen Politikern

Die Studie konzentriert sich auf das Netzwerk der Twitter-Accounts von EU-Parlamentariern und will so Informationsflüsse zwischen Politikern orten. Sie geht außerdem der Frage nach, inwiefern die Zugehörigkeit zu Nationen und politischen Gruppen sowie die Anzahl der Follower diese Strukturen beeinflussen.

Twitter-Beziehungen und Nationalitäten

Für höhere Auflösung hier oder auf das Bild klicken.

Laut der Studie bestehen 39,2 Prozent aller Netzwerkbeziehungen zwischen Abgeordneten aus demselben Land. Deutsche Parlamentarier gestalten ihre Twitter-Beziehungen dabei wesentlich internationaler als die der anderen Länder: 63,5 Prozent der Follower deutscher Accounts sind selbst keine Deutschen. Polnische, französische und britische Abgeordnete bleiben hingegen lieber unter sich: Sie sind untereinander besser vernetzt als nach außen.

Twitter-Beziehungen und politische Gruppen

Für höhere Auflösung hier oder auf das Bild klicken.

Ein wesentlicher Faktor für das Entstehen von Informationsflüssen auf Twitter ist im Kreis der EU-Parlamentarier neben der Nationalität die politische Orientierung. 65,2 Prozent aller Vernetzungen entstehen in demselben politischen Lager. Dabei haben grüne Abgeordnete mit 67 Prozent die meisten Beziehungen außerhalb ihrer eigenen politischen Orientierung und, darüber hinaus, auch die meisten internationalen Verbindungen – im Gegensatz zu den Europäischen Konservativen und Reformisten, die in dieser Hinsicht mit 36 Prozent das Schlusslicht bilden.

Twitter-Beziehungen nach Anzahl der Follower

Für höhere Auflösung hier oder auf das Bild klicken.

Viele Twitter-Follower bedeuten nicht zwangsläufig eine hohe Vernetzung mit anderen Abgeordneten. Die meisten Twitter-Follower haben die französische Front-National-Chefin Marine le Pen (200.000) und der französische Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon (190.000), zugleich haben beide eine vergleichsweise niedrige Twitter-Aktivität mit anderen Abgeordneten.

Elf österreichische Abgeordnete twittern

402 der 766 EU-Parlamentarier hatten im Februar eigene Twitter-Accounts, das sind etwas mehr 52 Prozent. Zwischen den Staaten gibt es große Unterschiede in der Twitter-Aktivität: Während mehr als 75 Prozent der Abgeordneten aus Frankreich, Slowenien und Großbritannien twittern, sind Abgeordnete aus Ungarn und Zypern mit unter 20 Prozent weitaus weniger auf Twitter aktiv. Von 19 österreichischen Abgeordneten im EU-Parlament haben elf einen Twitter-Account.

Für höhere Auflösung hier oder auf das Bild klicken.

Swoboda ist fleißiger Twitterer

Der österreichische Abgeordnete Hannes Swoboda (SPE) bildet einen der zentralsten Knoten im Netzwerk der Europaabgeordneten. Allgemein zeigt sich, dass österreichische Abgeordnete innerhalb des Europaparlamentarier-Netzwerks deutlich besser vernetzt sind als Abgeordnete anderer kleiner Länder. Österreich teilt sich dabei die Spitzenposition mit den Niederlanden. Bei der durchschnittlichen Anzahl der Follower liegen die österreichischen Abgeordneten im Mittelfeld.

Grüne twittern am längsten

65 Prozent aller Accounts wurden im Jahr 2010 oder früher registriert. Die Grünen twittern am längsten, 77 Prozent ihrer Accounts wurden vor 2011 ins Leben gerufen. Die Accounts der Linken sind die jüngsten, nur 45 Prozent sind älter als 2011. (red, derStandard.at, 19.3.2014)