Edward war immer ein eher stilles, in sich gekehrtes Kind gewesen, und auch als junger Mann befiel der Mehltau der Melancholie oft sein umschattetes Gemüt.

Der jüngste Sohn des Duke of Eastminster studierte Philosophie und französische Literatur in Cambridge – da traf es sich gut, dass Chestwick House nicht weit davon entfernt war, in Ixworth. Edward hatte das Anwesen von seiner Großmutter vermacht bekommen; sie war es auch gewesen, die mit der Erstausgabe von Flauberts "L‘Éducation sentimentale" - ein Geschenk zu seinem 16. Geburtstag - seine Leidenschaft für französische Literatur geweckt hatte.



Wenn er es einrichten konnte, fuhr Edward meist schon donnerstags nach Chestwick House, ihm lag nichts an dem Getriebe und der Wichtigtuerei an der Uni. Zwei, drei Jahre würde er den Kasten noch halten können, bis zum Ende seines Studiums. Dann würde er das Anwesen an einen Kommilitonen in Cambridge verkaufen, Ian, seinen Eltern gehörte Marks & Spencer. Ian hatte versprochen, das Personal zu übernehmen.

Doch an diesem Wochenende war Edward angespannt. Die Beziehung mit der eleganten, aber etwas gefühlskalten und blutarmen Valérie Verdurin, der Tochter eines französischen Gemüsegroßhändlers, hatte eigentlich fast von Beginn an gekriselt, aber in den letzten Wochen hatte ihr Desinteresse an ihm solche Ausmaße angenommen, dass eine Aussprache nötig war. Edward hatte das Gefühl, dass sie ihn hinhielt und eigentlich nur von seinem Vermögen und seiner gesellschaftlichen Position fasziniert war. Da kam sie schon. Verdammt, sie sah wie immer umwerfend aus. (Stefan Ender, derStandard.at, 23 .3.2014)