Wenn du meinst es geht nicht mehr, kommt die nächste Zumutung daher. Jetzt soll eine von Finanzminister Michael Spindelegger ausgesuchte frühere Richterin als Aufklärerin in Sachen Hypo eingesetzt werden. Das ist eine Alibiaktion, die einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht ersetzt. Denn es geht um die politische Verantwortung, die dort geklärt werden muss, wo sie hingehört: in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Es geht um das Versagen der Politik: um Aktivitäten von Jörg Haider und der FPÖ, sowie die Zustimmung von ÖVP und SPÖ im Kärntner Landtag. Gleiches gilt für das Agieren der Finanzminister Josef Pröll und Maria Fekter, ÖVP.

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss hat viel mehr Rechte und Möglichkeiten als eine auf Geheiß des Ministers eingesetzte Expertenkommission. Die Parlamentarier können Akten anfordern und Zeugen laden, die außerdem zu wahrheitsgemäßen Aussagen verpflichtet sind, sonst drohen ihnen bis zu drei Jahren Haft. Experten kann die Auskunft verweigert werden - das hat keine Konsequenzen. Die Arbeit der Kommission kann in aller Stille erledigt werden, während im parlamentarischen Gremium die Aufarbeitung im Lichte der Öffentlichkeit geschieht. In Deutschland werden Ausschusssitzungen sogar live im Fernsehen übertragen.

Da Bundeskanzler Werner Faymann nach Auskunft seines Vizes hinter dem Vorschlag steht, müssen sich beide Regierungsparteien den Vorwurf gefallen lassen, dass sie an einer echten Aufklärung gar nicht interessiert sind, sondern nur dem öffentlichen Druck nachgeben wollen. Wer sich selbst seine Kontrollore aussucht, begibt sich in den Verdacht, es soll möglichst wenig dabei herauskommen.

Es rächt sich, dass in der vergangenen Legislaturperiode trotz eindeutiger Zusagen der damaligen Klubobleute Karl-Heinz Kopf und Josef Cap die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses nicht als Minderheitenrecht fixiert worden ist. Auch das ist in Deutschland der Fall. Dass sich Spindelegger, wie am Wochenende in den Interviews geschehen, einfach abputzt und meint, das sollten die Parlamentarier entscheiden, ist eine weitere Zumutung. Auch für die Koalitionsabgeordneten, die den Unmut der Menschen merken, sich aber an die auch im Regierungspakt festgeschriebene Koalitionsdisziplin gebunden fühlen. Einzig die junge SPÖ-Abgeordnete Daniela Holzinger hat mit der Opposition für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses gestimmt.

Wie groß der Unmut in der Bevölkerung ist, zeigt auch die inzwischen von mehr als 90.000 Menschen unterzeichnete Online-Petition für einen Hypo-U-Ausschuss. Immerhin ist die Zuweisung an den Finanzausschuss und damit ein vorzeitiges "Abdrehen" des Sammelns von Unterstützungserklärungen vorerst vom Tisch.

All das ist ein Anschlag auf den Parlamentarismus in Österreich und auf die Gewaltenteilung. Das freie Mandat steht in der Verfassung, darauf können und sollten sich die Volksvertreter berufen und unabhängig von ihrer Partei und der Regierungskonstellation Entscheidungen treffen.

Das darf nicht nur das Abnicken von Milliarden für das Hypo-Debakel sein, damit degradieren sich die Abgeordneten zu Parteisoldaten. Das Volk der Steuerzahler hat ein Recht auf Aufklärung, und ihre Vertreter im Nationalrat sollten das wahrnehmen und für ihre Rechte im Parlament kämpfen. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 24.3.2014)