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Karlsruhe/Wien - Zwei amtierende Ministerpräsidenten deutscher Bundesländer, zwei ehemalige, dazu zwei früherer Staatsminister, ein amtierender Bürgermeister - allein im Verwaltungsrat des ZDF. "Staatsferne" sieht für das deutsche Bundesverfassungsgericht anders aus. Und diese Staatsferne verlangt das Grundgesetz vom deutschen Gebührenfunk.

Anlass für Beschwerden von (sozialdemokratisch regierten) deutschen Bundesländern beim Höchstgericht war die Ablöse des kritischen ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender auf Betreiben bürgerlicher Aufsichtsräte. Brender musste 2010 gehen.

Die 77 Fernsehräte des ZDF bestellen mit Mehrheit den Intendanten, sie bestimmen zudem acht von operativeren 14 Verwaltungsräten. Wesentlich beschickt werden beide von den deutschen Bundesländern und der Bundesregierung. Aber auch die gesellschaftlichen Gruppen vom Naturschutz bis zu den Zeitungsverlegern greifen auf politisch zuordenbare Vertreter, teils ehemalige Politiker, zurück. Rund 44 Prozent der ZDF-Gremien sind staatlich oder staatsnah besetzt.

Die Höchstrichter fordern nun: Auf jeden staatsnahen Rat müssten mindestens zwei staatsferne kommen. Ergibt maximal ein Drittel für Politiker oder Parteiangestellte. Parteimitgliedschaft bedeutet den Richtern noch keine Staatsnähe. Die haben aber: Mitglieder von Regierungen, Parlamentarier, politische Beamte oder Wahlbeamte in Leitungsfunktionen. Inkompatibel auch Menschen "in herausgehobener Funktion für eine politische Partei".

Österreich repariert

Alle ZDF-Räte müssten weisungsfrei gestellt werden, fordern die Höchstrichter - und ein Mindestmaß Transparenz der ZDF-Gremien. Bis 2015 haben die deutschen Bundesländer Zeit, die Regeln für das ZDF zu reparieren.

Am Mittwoch repariert die Regierungsmehrheit im Nationalrat das ORF-Gesetz. Österreichs Höchstrichter hoben schon 2011 Teile des ORF-Gesetzes als verfassungswidrig auf: die Faxwahl von Publikumsräten. Diese sechs Publikumsräte entfallen nun. Wenn Neos noch einen Vertreter ihrer Parteiakademie rechtzeitig nominiert, gibt es künftig 31 Publikumsräte. Am 7. April entsenden sie mit Mehrheit sechs Mitglieder in den entscheidenden ORF-Stiftungsrat.

Mittwoch streichen SPÖ und ÖVP auf Betreiben der SPÖ Vorgaben für diese sechs Stiftungsräte: Bisher muss je eine oder einer Kirche, Hochschulen und Kunst vertreten. Kirchenmann Franz Küberl dürfte die Bundesregierung als Unabhängigen künftig unter ihre neun Stiftungsräte einreihen.

Publikumsräte ausgesucht

Dienstag suchte Medienminister Josef Ostermayer 17 Publikumsräte aus Vorschlägen gesellschaftlicher Gruppen aus. Drei lassen sich der ÖVP zuordnen; 14 der SPÖ, die so ihre Mehrheit im Publikumsrat sichert. Mit der dürfte sie am 7. April vier sozialdemokratische (bisher drei) und zwei bürgerliche Publikumsräte in den Stiftungsrat entsenden. Der soll bis 24. April komplett sein.

Schon seit 2001 sind Politiker (teils bis vier Jahre nach ihrer Politfunktion) von Mandaten in den ORF-Gremien ausgeschlossen. Abstimmungen verlaufen dennoch oft entlang der "Freundeskreise". So nennen sich Polit-Fraktionen in ZDF- wie ORF-Gremien.

ORF-Journalisten forderten wiederholt eine Gremienreform, zuletzt ORF-Redakteurssprecher Dieter Bornemann. Zum Urteil in Deutschland meint er: "Der ZDF-Verwaltungsrat ist mit dem ORF-Stiftungsrat nicht vergleichbar. Bei uns dürfen seit der ORF-Reform unter der schwarz-blauen Regierung keine aktiven Politiker mehr in den Gremien sitzen. Bei uns ist die Auswahl das Problem: Das nämlich die Parteien den allergrößten Teil der Stiftungsräte aussuchen. Und diese dann oft die Interessen der Entsender, und nicht die des ORF und seines Publikums vertreten." (Harald Fidler, DER STANDARD, 26.3.2014)