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Der prächtige Sonnenuntergang auf William Turners "Dido erbaut Karthago" aus dem Jahr 1815 hat seinen Ursprung im Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora, glauben griechische Wissenschafter.

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Paris - Wissenschafter haben Kunstmuseen als ungewöhnliche Quelle für die Atmosphärenforschung entdeckt: Einer aktuellen Studie zufolge lassen sich die Folgen von Vulkanausbrüchen am anderen Ende der Welt an den Gemälden von Sonnenuntergängen großer Meister nachweisen. Griechische Forscher unterzogen hunderte Werke aus der Zeit zwischen 1500 und 2000 einer genauen Farbanalyse, wie sie am Dienstag in der Fachzeitschrift "Atmospheric Chemistry and Physics" schrieben.

"Wir haben herausgefunden, dass die Proportion von Rot- und von Grüntönen in dem von großen Meistern gemalten Abendlicht in Zusammenhang steht mit der Menge von vulkanischen Aerosolen in der Atmosphäre", erklärte Studienleiter Christos Zerefos. Bei Vulkanausbrüchen werden große Mengen Aschepartikel und weitere Stoffe in die Atmosphäre geschleudert, die - fein verteilt - als vulkanische Aerosole bezeichnet werden und die ganze Erde umkreisen können. Solche Partikel lenken einen Teil der Sonnenstrahlen ab und verändern damit das Farbspektrum, welches das menschliche Gehirn über das Auge wahrnimmt - und welches der Maler auf die Leinwand bringt.

"Die Art und Weise, wie das menschliche Gehirn die Grün- und Rottöne bei Sonnenuntergängen wahrnimmt, enthält wichtige Informationen über die Umwelt", erklärte Zerefos. Sonnenuntergänge etwa sind bei einer Verschmutzung der Luft besonders intensiv.

Tambora-Ausbruch beeinflusste Turner-Gemälde

So soll der in dem Gemälde "Dido erbaut Karthago" des britischen Malers William Turner (1775-1851) festgehaltene prächtige Sonnenuntergang durch den Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora im April 1815 beeinflusst worden sein. Bei dem Vulkanausbruch, bei dem rund 10.000 Menschen starben, wurde eine gewaltige Aschewolke in mehr als 40 Kilometer Höhe ausgestoßen, die in der Folge dreimal die Erde umkreiste.

Ihre These testeten die Forscher anhand eines aktuellen Beispiels. Sie ließen einen griechischen Maler Sonnenuntergänge zeichnen, während und nachdem eine Staubwolke aus der Sahara die griechische Insel Hydra überquerte.

Der Maler wurde über das Vorbeiziehen der Staubwolke nicht informiert. Die Schätzwerte für den Anteil an Mini-Partikeln in der Luft, die sich aus der Farbanalyse der Bilder ergab, entsprach aber tatsächlich den Werten, die direkte Messungen der Luft ergaben. Die Wissenschafter sehen ihre Methode als Möglichkeit, Informationen zu Umweltphänomenen in der Atmosphäre "von Orten und aus Jahrhunderten" zu erhalten, in denen keine Messinstrumente verfügbar waren - in denen aber Gemälde gemalt wurden. (APA/red, derStandard.at, 30.03.2014)