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Ed Moschitz.

Foto: APA/Jäger

Wien – 20.000 Euro Verfahrenskosten sind in dem von ORF-Redakteur Ed Moschitz gegen die FPÖ angestrengten Prozess wegen übler Nachrede bisher aufgelaufen, rechnet Richter Stefan Apostol am Beginn der Verhandlung vor. "Die Partei, die unterliegt, muss das zahlen", warnt er den Journalisten. "Ich habe wirklich großes Interesse daran, das bis zur letzten Instanz auszufechten", macht Moschitz seinen Standpunkt klar.

Er will sich nicht nachsagen lassen, er habe im Rahmen von Dreharbeiten zur Sendung Am Schauplatz zwei junge Skinheads dazu angestiftet, bei einer Wahlveranstaltung von Heinz-Christian Strache "Sieg Heil" zu brüllen. Und noch weniger, dass er nachträglich dafür gesorgt habe, diese Wörter aus dem Video verschwinden zu lassen.

Jahrelange Ermittlungen

Strafrechtlich ist die Sache erledigt – die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat nach jahrelangen Ermittlungen das Verfahren gegen Moschitz eingestellt. Auch jenes gegen Strache, der mit anderen im März 2010 den "Nazisager" gehört haben will.

Um die Frage, ob die FPÖ übel nachgeredet hat, beantworten zu können, baut Richter Apostol nun auf Zeugen und ein technisches Gutachten über das fragliche Videoband. Bei den Zeugen hat er Pech: Fünf davon, darunter Ex-ORF-Chefredakteur Walter Seledec, sind nicht hier.

Also beginnt er mit Michael N., der am fraglichen Abend als Personenschützer Straches zumindest ein "Heil" gehört haben will. Ob mit "Sieg" davor oder "Hitler" dahinter, kann er nicht mehr sagen. Auf Nachfrage von Moschitzs Anwältin Maria Windhager (die auch für den STANDARD tätig ist), zeigt sich, dass N. möglicherweise nicht gänzlich neutral sein könnte: Er ist mittlerweile FP-Bezirksrat und Straches Sicherheitsreferent geworden.

Rolle des Verfassungsschutzes

Wichtig sind N10 und N80. Die sind Beamte des Landesamtes für Verfassungsschutz (LVT) in Niederösterreich. Sie waren die ersten, die Kevin M., der "Sieg Heil" gerufen haben soll, einvernommen haben. Wichtig sind sie deshalb, da der Skinhead seine Aussagen dreimal geändert hat.

Beim ersten Mal gestand er den Ruf und behauptete, Moschitz habe im Vorfeld dafür eine 80-Euro-Prämie versprochen. Bei einer späteren Vernehmung durch das LVT Wien widerrief er sein Geständnis, berichtete aber weiter von einer Aufforderung durch Moschitz. Vor Gericht schließlich leugnete er auch das: Es seien keine Prämien geboten, geschweige denn gezahlt worden.

Seinen Sinneswandel begründete er, ebenso wie eine junge Zeugin, damit, er sei von den niederösterreichischen Beamten unter Druck gesetzt worden. Windhager bohrt in diese Richtung nach, die Beamten leugnen jede Unregelmäßigkeit.

Stolz und Mitteilungsbedürfnis

K.s Aussagen, er habe weder eine WC- noch eine Zigarettenpause einlegen dürfen seien definitiv falsch, sagt N10. Es sei auch nicht ungewöhnlich, dass jemand drei Stunden befragt werde. "Er hatte ein Mitteilungsbedürfnis", sagt der Polizist. "Was verstehen Sie darunter?", will Windhager wissen. "Er war stolz auf die Aufmerksamkeit, hatte ich den Eindruck."

Der zweite damals befragte Skinhead konnte sich an kein "Heil" erinnern. Seine Freundin zunächst dagegen schon. Später sagte aber auch sie, von den Polizisten durch Bemerkungen: "Warst Du schon einmal im Gefängnis und wie es dort zugeht?", eingeschüchtert worden zu sein. Derartige Aussagen streiten N10 und N80 ebenfalls kategorisch ab.

Vielleicht kann also der Gutachter zur Aufklärung beitragen? Kann er nicht. Technisch wäre es zwar möglich, Wörter aus einer Aufnahme zu entfernen. Apostols Frage, ob er eine gesicherte Aussage zu einer etwaigen Manipulation bei dem von Moschitz herausgegebenen Band treffen könne, muss der Experte aber verneinen. Er sieht "Hinweise", aber "keine gesicherte Indizienkette".

Es wird auf Mai vertagt. (Michael Möseneder, derStandard.at, 27.3.2014)