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Facebook-Chefin Sheryl Sandberg will junge Frauen ermutigen.

Foto: Reuters / Lucas Jackson

"Frauen, die freiwillig arbeiten gehen, werden als besonders maskulin empfunden" - so ein Zitat aus einer Untersuchung der Universität zu Köln von 2012 mit dem Titel "Muss Frau ihren Mann stehen - Entstehung von Stereotypen".

Sicher, heißt es weiter, "die von Frauen in unserer Gesellschaft eingenommenen Rollen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten durchaus gewandelt". Aber noch immer ähnelt das Frauenbild eher dem der Hausfrau und Mutter und weniger dem der "Karrierefrau". Man mag es als Frau einerseits ungerecht empfinden, sich einem solchen Stereotyp untergeordnet zu sehen, andererseits aber ist es auch an den Frauen, sich von diesen Bildern zu befreien und einfach auch mehr zu fordern.

Stereotype verändern

Nimmermüde, dies zu betonen, ist Facebook-COO Sheryl Sandberg - zunächst in ihrem Bestseller Lean In und jetzt auch noch via Internet-Community LeanIn.org. Ihre Botschaft: Wir müssen die Stereotype verändern! Es könne nicht angehen, dass Mädchen und Frauen, die sagen, was sie möchten, und fordern, was sie für richtig halten, sofort als herrschsüchtig oder gar "bossy" abgekanzelt werden. Selbstredend, so die Facebook-Chefin, können und sollen Frauen wählen, was sie beruflich tun und erreichen möchten. Allerdings sei diese Wahl, das ist Sandbergs schlagendes Argument für eine Veränderung der Stereotype, keine auf rein individueller Ebene.

Quoten reichen nicht

Vielmehr seien es gesellschaftliche Stereotype, die Gruppendynamik und die institutionellen Mechanismen, die auch die Anzahl der Frauen in den Chefetagen seit Jahr und Tag auf demselben niedrigen Niveau halten. 95 Prozent der Unternehmen weltweit werden von Männern geführt, so Sandberg, die diesen Zustand verändern möchte.

Aber, so wie es scheint, nicht mit einer Quote. Von Quoten behauptet sie, dass sie nicht ausreichen würden, den Anteil von Frauen in Topführungspositionen zu heben. Der Blick nach Skandinavien beweise, dass die Zahl aller dort von Frauen geführten Unternehmen selbst mit Quote auf einer Unter-fünf-Prozent-Marke stagniere.

Frauen, das behauptet Zuckerbergs COO, haben ein unentspanntes Verhältnis zur Macht. Auch das sei ein Grund dafür, dass es so wenige an der Spitze gebe. Wenn Männer nach den Gründen für ihren Erfolg gefragt werden, das konstatiert sie auch in ihrem Buch, dann schreiben sie diesen ihren Fähigkeiten zu.

Wenn Frauen gefragt werden, dann werden am häufigsten "Glück, harte Arbeit und die Hilfe Dritter" genannt. Und wenn sie es nicht sagen, dann werden sie ganz sicher von anderen daran erinnert, so die Autorin. Nicht zuletzt aus diesen Gründen fokussiert Sandbergs Plattform auf sogenannte Zirkel, wo Frauen sich gegenseitig motivieren und auch coachen, ermutigen, die Einstellung zu weiblichen Chefs nachhaltig zu verändern. Sandberg: "Wenn sie die Chance haben aufzustehen, dann tun sie es. Nicht nur für sich selbst, sondern für all die anderen Frauen, die von ihrer Führungsposition profitieren werden."

Abschied von alten Bildern

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung stellt Sandberg die Frage, warum denn Männer ein "und" bekommen? Sie seien Väter "und" Experten auf einem bestimmten Gebiet, sie seien große Politiker "und" persönliche Autoren, während Frauen entweder gute Mütter "oder" respektierte Expertinnen sein können, aber nicht beides gleichzeitig.

Bricht man das auf eine alltägliche Szene im Fernsehen herunter, sagt sie, ist die arbeitende Mutter stets Quell von Problemen, von Stress und Hysterie. Man mag über Sandbergs Stil, sich zuweilen einiger Klassiker der "Schwarz-Weiß-Bilder" zu bedienen, streiten, öffentlichkeitswirksam sind sie allemal.

Ob dieses Rezept funktionieren kann, stellt sie allerdings auch selbst immer wieder infrage - so wie auch ihre eigene Person. Aus ihren Zweifeln, aus ihrem "schlechten Gewissen" als Mutter, macht sie kein Mysterium. Zweifel habe sie wie viele andere Frauen, die Berufs- und Familienleben vereinen, auch.

"Exposure", das die mächtige Managerin sehr bewusst in Kauf nimmt. "Wir Frauen sind viel zu streng mit uns selbst - und die anderen sind es auch", sagt sie. Wirksames Leadership reduziert sich nicht selten auf einen klaren Hausverstand und die Fähigkeit, mit Irritationen umzugehen, gegen Ungerechtigkeiten vorzugehen und vor allem andere zu ermutigen, ihren Weg zu gehen. (Heidi Aichinger, DER STANDARD, 29./30.03.2014)