Anders wollte sie sein, die rot-grüne Wiener Rathauskoalition, um nicht zu sagen: besser. Kein ewiger Zank wie im Bund, keine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners. Das mag nach der Wahl 2010 eine Weile funktioniert haben. Seit Freitag ist es damit offiziell vorbei: Die SPÖ verkündete den Bau der U5 bei ihrer traditionellen Klubklausur in Rust. Und zeigte damit den Grünen, die nur bedingt Fans des U-Bahn-Ausbaus sind, die lange Nase. Und zwar nicht nur inhaltlich. Selbst Bürgermeister Michael Häupl, bisher stets oberloyal, matschkerte vom Neusiedler See aus in Richtung Juniorpartner.

Offenbar hat irgendwer bei den Sozialdemokraten überrissen, dass sie abgemeldet waren. 365-Euro-Jahresticket, Parkpickerl, Mariahilfer Straße - alles, worüber die Stadt in den letzten Jahren sprach, trug die Handschrift der Grünen. Also verfallen die Roten nun in ein lang geübtes Muster: Was wirklich in der Stadt passiert, sagen immer noch wir - Koalitionspartner hin oder her. Den Grünen bleibt nur, ein bisschen zurückzusticheln.

Man könnte sagen, auch Rot-Grün in Wien ist nun in der österreichischen Realität angekommen. Oder die Parteien befinden sich schlicht im Wahlkampfmodus. Schlau ist diese Politik der verbrannten Erde keinesfalls: Auch nach der Wahl 2015 wird die SP einen Koalitionspartner brauchen. Je weiter eine rote Alleinregierung in Wien in die Ferne rückt, desto obskurer erscheinen die roten Alleingänge. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 29.3.2014)