Wien - Das Team Stronach gab Freitag seinen ORF-Stiftungsrat offiziell kund – und Rundfunkrechtlern Arbeit. Denn Willy Haslitzer war nicht nur bis 2012 Landesdirektor des ORF in Kärnten. Der 64-jährige war gerade noch stellvertretender Landesrat in Kärnten. Das ORF-Gesetz versagt Politikern Mandate im ORF-Stiftungsrat.

Haslitzer erklärt dem STANDARD auf Anfrage, stellvertretender Landesrat sei ein „Ehrenamt". Und er sei „sicherheitshalber" bereits vor Tagen zurückgetreten.

Verfassungsdienst bekommt Arbeit

Das ORF-Gesetz schließt Menschen vom Stiftungsrat aus, die in den vergangenen vier Jahren Mitglied einer Bundes- oder Landesregierung waren, Staatssekretäre, Abgeordnete im Nationalrat, Bundesrat, Landtag, Gemeinderat oder EU-Parlament, Angestellte einer politischen Partei oder dort in Bund oder Land in leitender Funktion.

Ob Haslitzer unter die Politikerklausel fällt, dürfte der Verfassungsdienst des Kanzleramts zu klären haben. Denn das ORF-Gesetz verwehrt auch Mitgliedern von Landesregierungen bis vier Jahre nach ihrer Tätigkeit Mandate im ORF-Stiftungsrat, ebenso im ORF-Direktorium.

Einen ähnlichen Fall gab es Mitte der 2010er-Jahre: Ein zuvor stellvertretender Gemeinderat konnte  nach Prüfung doch ORF-Direktor werden, da er nie als Vertreter an Sitzungen teilgenommen habe.

Haslitzer sagt auf Anfrage, er habe Landesrat Gerhard Köfer in zwei Sitzungen vertreten und für diesen dort abgestimmt.

Kardinal fehlt Transparenz

Die Bischofskonferenz protestiert unterdessen gegen die jüngste Änderung des ORF-Gesetzes. Bisher schrieb es vor, dass der Publikumsrat einen Vertreter der Kirche in den ORF-Stiftungsrat entsenden muss. Die Novelle strich solche Vorgaben. Kardinal Christoph Schönborn sieht durch die freie Besetzung mit Mehrheit im Publikumsrat den Einfluss der Regierung auf den ORF zunehmen – das sei "grundsätzlich schlecht".

Die Änderung des ORF-Gesetzes ist laut Schönborn "aus Sicht der Bischofskonferenz und anderer Kirchen ein Rückschritt". Und die Bischöfe "stimmt sehr nachdenklich, dass eine derart wichtige Materie, die die Menschen und Institutionen in unserem Land täglich betrifft, nicht mit der ge­botenen Transparenz und demokratischen Beteiligung behandelt wurde". (red, APA, DER STANDARD, 29./30.3.2014)