Superkontinent Pangäa kurz vor Beginn des großen Massensterbens vor 250 Millionen Jahren.

Illu.: Ron Blakey

Cambridge/Wien - In der Kriminalistik nennt man so etwas perfektes Verbrechen. Vor 251,4 Millionen Jahren, an der Wende von Perm zu Trias, fand das größte bekannte Massenaussterben der Erdgeschichte statt: Rund 75 Prozent aller an Land lebenden Arten sowie 95 Prozent der Meeresbewohner verschwanden für immer. Doch der Täter ist unbekannt, die Spuren verwischt.

Das beispiellose Massensterben, das auch jenes der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren übertraf, gibt der Forschung bis heute Fragen auf. Unumstritten ist nur, dass die damalige Geografie den Massenexitus erleichterte: Kam es zu Klimaveränderungen, waren die Fluchtmöglichkeiten sehr eingeschränkt, weil es nur den Superkontinent Pangäa gab.

Als die "üblichen Verdächtigen" gelten extrem starker Vulkanismus und ein massiver Asteroideneinschlag. Diskutiert wird aber auch ein Gammastrahlenblitz einer nahen Supernova. Das Problem bei der Tätersuche ist, dass seine Spuren 250 Millionen Jahren alt sind.

Forscher um den Geophysiker Daniel Rothman vom MIT in Cambridge haben nun neue Tatverdächtige für das "große Sterben". Und um sie zu erkennen, braucht es nicht nur eine Lupe, sondern ein Mikroskop: Die Wissenschafter gehen davon aus, dass explosives Wachstum einer Mikrobenart namens Methanosarcinales 90 Prozent aller Arten dahingerafft haben dürfte.

Die im Fachblatt "PNAS" veröffentlichte Beweisführung sieht wie folgt aus: Erstens gibt es Hinweise, dass an der Perm-Trias-Grenze der CO2-Gehalt in den Meeren stark anstieg. Zweitens haben sich in der Zeit die Mikroben genetisch verändert, und drittens nahm der Nickelgehalt in den Meeressedimenten stark zu. Dazu passt nur ein Szenario: Die bis dahin CO2-produzierenden Methanosarcinales stellten durch eine genetische Mutation auf Methanproduktion um.

Bleibt ein Rätsel: Woher hatten sie den Nickel, den sie als Nährstoff brauchen? Da kommen die Vulkane als Tatbeteiligte wieder ins Spiel: Vulkane im heutigen Sibirien dürften dafür gesorgt haben. Und so passierte in etwa das, was heutige Klimawandelprognosen vorhersagen: ein extrem starker Temperaturanstieg sowie eine Versauerung der Ozeane - und fertig war das Massenaussterben. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 1.4.2014)