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Das Essl-Museum in Klosterneuburg - ein umstrittenes Zentrum für moderne Kunst in Österreich.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

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Yvonne Weiler: Sammlung Essl ist ein Vorbild.

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Drei Anmerkungen zur gegenwärtigen Diskussion über die Sammlung Essl:

1. Gibt es jetzt bereits eine historische Sicht auf die Entstehung der Sammlung Essl und ihre Auswirkungen? Das Ehepaar Essl begann in den 1970er-Jahren, österreichische Kunst zu sammeln, in einer Zeit, in der unsere Museen diese Kunst kaum gesammelt haben. Die jüngeren, auch ausländischen Museumsdirektoren haben nicht erlebt, dass die von den 1960ern bis in die frühen 1980er-Jahre durch die Artothek angekauften Werke als Dauerleihgaben in das Belvedere, das Mumok und die Albertina gekommen sind.

Von einer kontinuierlichen Sammlungstätigkeit kann also keine Rede sein. Es waren Zufallsankäufe, die aus heutiger Sicht wesentliche Lücken aufweisen. Aufgrund der Entscheidung einer Beamtin (Frau Kaindl im Unterrichtsministerium) wurden nur punktuell Werke von österreichischen Künstlern ausgewählt und angekauft. Mit wenigen Ausnahmen gibt es daraus folgend von vielen Künstlern keine repräsentativen Werkgruppen in den dafür zuständigen Bundesmuseen. Um sich einen ungefähren Überblick über die österreichische Kunst nach 1945 zu verschaffen, muss man in Wien durch mindestens drei Museen laufen und dreimal Eintritt zahlen. Ganz anders im Essl Museum.

Im Rahmen all dieses Stückwerks rund um unsere Bundesmuseen haben Agnes und Karlheinz Essl durch den kontinuierlichen Ankauf österreichischer, internationaler und auch junger Kunst diese Lücken im Wesentlichen gefüllt. Abgesehen davon sammelten sie auch wichtige Werke der Zwischenkriegszeit. Mit dieser Sammlung realisiert das Essl Museum einen ebenso unbestreitbaren wie bedeutenden kulturellen Auftrag.

2. Da von den 1960ern bis in die frühen 1980er-Jahre wenig private Kunst gekauft wurde, haben Agnes und Karlheinz Essl durch ihre intensive Sammeltätigkeit viele Galerien gefördert, sie haben auch dazu beigetragen, dass sich langsam ein österreichischer Kunstmarkt etablieren konnte, ein großer und wichtiger kultureller, ideeller und wirtschaftlicher Beitrag, der belebend auf die ganze Kunstszene wirkte.

Jetzt ist die Situation natürlich noch einmal viel komplexer, aber ohne die Leistung der beiden Sammler hätte die österreichische Kunst nach 1945 nie jenen Stellenwert erhalten, den sie heute besitzt. Die Galerien, von denen hier die Rede ist, werden sich sicher noch genau daran erinnern können. Wo bleiben diese jetzt?

3. Die Sammlung Essl war in weiterer Folge auch Vorbild für andere Privatsammler österreichischer Kunst. Somit waren sie Vorreiter und Vorbild gleichermaßen. Warum soll in Österreich ein Privatsammler-Ehepaar nicht in der Lage sein, eine qualitativ hochwertige Sammlung aufzubauen? Denken wir nur an die vielen Museen in den Vereinigten Staaten, die aus Privatsammlungen hervorgegangen sind. 

Der Vergleich mit der Hypo-Katastrophe ist nicht nur nicht angebracht, sondern entbehrt jeder Grundlage. Wenn dieses Milliardendesaster einstmals zu Ende sein wird, werden Milliarden Euro durch skrupellose und korrupte Manager in den Sand gesetzt sein - ohne irgendeinen Ertrag für die Allgemeinheit. In der Causa Essl bietet sich dagegen die Chance, einen für unsere Identität unentbehrlichen Bestand österreichischer Kunst für diese und zukünftige Generationen zu erhalten. (Yvonne Weiler, DER STANDARD, 2.4.2014)