Die Damen und Herren Museumsdirektoren, die Galeriebesitzer und Künstler, die in den letzten Tagen ihre Skepsis bezüglich des Ankaufs der Sammlung Essl zum Ausdruck gebracht haben, konnten noch vor zwei Monaten anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Essl-Museums die "nationale und internationale Bedeutung" der Sammlung nicht genug schriftlich und mündlich loben.

Was also? Haben sie damals oder jetzt ihre ehrliche Meinung geäußert? Wollten sie damals dem Sammler gefahrlos schmeicheln und sind jetzt besorgt, weil die Verwendung öffentlicher Mittel ins Spiel kommt? Aber warum erst jetzt? Die verbrannten Hypo-Alpe-Adria-Milliarden, für die der Steuerzahler geradestehen muss, haben zu keinem Aufschrei in der Kunstszene geführt. Die unglaublichen 300 Millionen Euro, die allein für Gutachten in der Sache aufgewendet wurden (übrigens ohne greifbares Ergebnis), haben niemanden hörbar beunruhigt. Wobei doch klar sein muss, dass jeder große öffentliche Aufwand das Gesamtbudget schmälert!

Mit Anstand

Und nun kommt jemand, der den Anstand hat, für dringend benötigte Mittel zur zumindest anteiligen Rettung seines Unternehmens und zur Sicherung von tausenden von Arbeitsplätzen seine über Jahrzehnte hinweg gesammelten Kunstwerke zur Verfügung zu stellen, nachdem er bereits gigantische private Vermögenswerte in das Unternehmen gepumpt hatte, und schon bricht ein Tumult los.

Von der Häme in manchen Medien und von unsagbaren Blogs im Internet ganz zu schweigen. Natürlich müssten in intensiven Gesprächen Detailfragen geklärt werden, aber von vornherein der öffentlichen Hand eine Absage zu empfehlen ist nicht korrekt. Hat man bedacht, dass auf jeden Fall öffentliches Geld in die Hand genommen werden muss? Ist es vorzuziehen, ein Heer von viertausend Arbeitslosen zu schaffen, den Menschen ihre Würde zu nehmen und den Staat (also uns) zur Kasse zu bitten, speziell, wenn das Angebot zu einer Gegenleistung besteht? Es wäre wünschenswert, unvoreingenommene Gespräche zuzulassen und von Eigeninteressen geprägte Vorverurteilungen zu vermeiden. (Sylvia Eisenburger-Kunz, DER STANDARD, 2.4.2014)