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Ausdauersport führt laut dem Zellbiologen Christoph Handschin auch bei Erwachsenen zu einer Verbesserung des gesamten Nerven- und Muskelsystem.

Foto: APA/AP/Eugene Hoshiko

Basel - Es ist Frühling und damit der Startschuss für viele Outdoor-Sportarten. Dass man etwa durch regelmäßiges Laufen seine Muskeln fit macht, ist ein bekannter Effekt. Verantwortlich dafür ist das Protein PGC1α, das eine zentrale Rolle bei der Anpassung der Muskeln an die Trainingssituation spielt.

Das Forschungsteam von Christoph Handschin vom Biozentrum der Universität Basel hat nun entdeckt, dass ein solches Ausdauertraining nicht nur den Zustand der Muskeln, sondern auch - von Muskeln gesteuert - die vorgeschalteten synaptischen Nervenverbindungen beeinflusst.

PGC1α macht den Muskel und...

Wie verändert sich der Muskel bei Muskeltraining oder Muskelerkrankungen? Dieser Frage gehen die Schweizer Wissenschaftler Handschin bereits seit einigen Jahren nach. In der Vergangenheit konnten sie zeigen, dass das Protein PGC1α eine zentrale Rolle bei der Anpassung der Muskeln spielt, indem es diejenigen Gene reguliert, die den Muskel dazu bringen, sich an entsprechende Anforderungen anzupassen. Dabei liegt PGC1α in geringer Konzentration vor, wenn Muskeln inaktiv oder krank sind. Wird der Muskel hingegen stark beansprucht, steigt die PGC1α-Konzentration. Durch die künstliche Erhöhung des PGC1α-Spiegels lässt sich zudem ein Muskelaufbau bewirken.

... die Nervenverbindungen fit

Nun konnten die Forscher zeigen, dass sich durch eine Erhöhung des PGC1α-Spiegels im Muskel auch die vorgeschaltete synaptische Nervenverbindung zum Muskel verbessert. Dabei gibt der Muskel bei Aktivität Rückmeldung an die Nervenverbindung. Dadurch verbessert sich der Gesundheitszustand der Synapse und ihre Informationsleitung passt sich den Ansprüchen des Muskels an. Diesen Einfluss des Muskels auf die synaptische Verbindung kannte man bislang lediglich in der embryonalen Entwicklung.

"Dass bei Erwachsenen mit voll ausgebildetem Nerven- und Muskelsystem durch eine Erhöhung der PGC1α-Konzentration im Muskel nicht nur die Muskeln verändert, sondern auch eine Verbesserung des gesamten Nerven- und Muskelsystem erzielt wird, war völlig unerwartet und hat uns positiv überrascht. Unser Ziel ist es nun, das genaue Signal zu identifizieren, das zu dieser Stabilisierung der synaptischen Verbindung führt - um dieses Signal therapeutisch bei Muskelkrankheiten auszunutzen", sagt Handschin.

Mögliche Therapie von Muskel- und Nervenkrankheiten

Eine direkte therapeutische Anwendung der Forschungsergebnisse ist für Christoph Handschin bei Krankheiten wie Muskelschwund oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) denkbar: "Bei Patienten, die aufgrund ihrer Krankheit ihre Muskeln aus eigener Kraft nicht mehr bewegen können, kann eine Erhöhung des PGC1α-Spiegels Muskeln und Nerven soweit stärken, dass sich die Patienten wieder ausreichend bewegen können, um anschließend aus eigener Kraft Sport zu machen und diese Verbesserung weiter voranzutreiben", erklärt der Zellbiologe.

Demnach ist es für Handschin nicht ausgeschlossen, dass nach einer pharmakologischen Verbesserung des Gesundheitszustandes von Muskeln und Nerven die Therapie eigenständig durch Ausdauersport weitergeführt werden kann. (red, derStandard.at, 2.4.2014)