Der Wohnkomplex in Wien-Floridsdorf mit 70 Reihenhäusern und 172 Wohnungen wurde erst 2012 eröffnet. Schimmel wurde auch in Kinderzimmern entdeckt

Foto: Der Standard/Robert Newald

Schimmel wurde auch in Kinderzimmern entdeckt.

Foto: Der Standard/Robert Newald

Wien - Die Wohnanlage wirkt, als könnten sich vor allem junge Familien dort richtig wohlfühlen. Zwischen den geförderten Mietwohnungen und Reihenhäusern wurde Grünraum großzügig mit Bäumen und Kinderspielplätzen ausgestaltet. Dazwischen gibt es Sitzgelegenheiten für den Tratsch mit dem Nachbarn. Und im kleinen Swimmingpool in der Mitte wird es sich in einigen Monaten wieder ordentlich abspielen.

Im Sommer 2012 sind die ersten Mieter in den neuerrichteten Wohnkomplex in der Ödenburger Straße in Wien-Floridsdorf eingezogen. Er gilt als Vorzeigeprojekt der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft Sozialbau AG. Einige Mieter sehen das freilich anders. "Man bekommt hier Angst, das Grundvertrauen in die eigenen vier Wände ist erschüttert", sagt Verena Haider. Nachbarin Tamara Sekerlioglu ergänzt: "Hier ist Gefahr im Verzug, und die Gesundheit der Mieter ist gefährdet. Die Menschen werden im Unklaren gelassen."

Wasserschaden samt Schimmelbildung gemeldet

Am 16. Jänner hat Frau Sekerlioglu in ihrem Reihenhaus einen Wasserschaden samt Schimmelbildung gemeldet. Der Befall wurde derart massiv, dass die Alleinerzieherin mit ihren drei Kindern ausziehen musste. Erst auf Nachdruck wurde ihr Wochen später eine umfassende Sanierung versprochen und ein Übergangshaus zur Verfügung gestellt. Undichte Armaturen im Badezimmer wurden als Ursache für die Schimmelbildung ausgemacht.

In der Zwischenzeit sahen auch Nachbarn genauer nach: Bei mindestens zwölf Mietern, so Sekerlioglu, waren die Armaturen im Bad ebenfalls nicht silikoniert. "Was das heißt, wenn fast zwei Jahre lang Wasser durch die Fugen dringt, kann man sich vorstellen", sagt Sekerlioglu. "Bei mir wurde es zum Glück sichtbar." Beim Standard-Lokalaugenschein in der Wohnanlage meldeten sich weitere Mieter: Auch bei ihnen waren die Armaturen im Bad nicht silikoniert.

Fehlende Kommunikation

Caroline Nussbaum entdeckte am 25. Februar Wasserflecken im Bad und im Kinderzimmer ihres acht Monate alten Sohnes. "Jede Firma hat der anderen die Schuld gegeben", sagt sie. "Zuerst wollten sie mir weismachen, dass ich schlecht lüfte." Nach Tagen wurde aufgestemmt, die Dämmwolle dahinter war patschnass. Auch ihr hat die Sozialbau AG nach einigem Hin und Her neben der durchzuführenden Sanierung ein Übersiedlungsangebot gemacht. Nussbaum blieb: "Unser Glück war, dass wir uns auf eigene Kosten ein zweites Bad einbauen haben lassen."

Von der potenziellen Gefahr, die von Schimmelsporen in den Wohnungen ausgehen könnte, wurden die anderen Mieter nicht unterrichtet. Die fehlende Kommunikation der Sozialbau AG wird kritisiert. "Solange sich keiner rührt, wird vertuscht", sagt Verena Haider, die seit einem halben Jahr immer wieder mit Atemnot und Rachenschmerzen zu kämpfen hat. Weil Haider zufällig von Schimmelproblemen anderer Mieter erfuhr, stellt sie sich gegen die Entscheidung quer, den Befall in ihrer Wohnung nur notdürftig sanieren zu lassen. Jetzt soll eine aufwendige chemische Reinigung durchgeführt werden.

Andere Mieter erzählen dem Standard ebenfalls von häufigen Erkrankungen wie Nebenhöhlenentzündung, Stirnhöhleneiterung, geröteten Augen oder Kopfweh. "Meine drei Kinder sind seit sieben Wochen immer wieder krank", sagt Frau Sekerlioglu. Einen Zusammenhang zwischen dem Schimmelproblem und den Erkrankungen habe aber bisher kein Arzt festgestellt.

Späte Reaktion

Die Sozialbau AG, mit mehr als 47.000 Wohnungen Österreichs größter privater Hausverwalter, reagierte am Freitag und begann mit der Überprüfung aller Bäder in den Reihenhäusern. "Das hat eine gewisse Zeit gedauert", räumte Vorstandsvorsitzender Herbert Ludl im Gespräch mit dem Standard eine verspätete Reaktion ein. Ludl waren vor der Überprüfung vier Fälle mit Schimmelbefall im Wohnkomplex bekannt. "In dieser Form ist mir das noch nicht untergekommen", sagte er. Laut Ludl habe wohl die ausführende Installationsfirma beim Silikonieren in den Bädern geschlampt. "Wir gehen davon aus, dass diese die Kosten tragen wird." (David Krutzler, DER STANDARD, 5.4.2014)